Forschungs- und Innovationsprojekt
Getreide-GPS – Sortenberatung Winterroggen und Wintertriticale

Ein grünes Getreidefeld.

Getreide-GPS: Optimierung des Ertrages mit standortangepasster Sortenwahl

Seit dem Biogas-Boom wird bereits nach Energiepflanzen gesucht, mit denen hohe Biogaserträge generiert werden können. Dabei wurde schnell deutlich, dass die Substratproduktion nicht nur auf einer bzw. wenigen Kulturen basieren kann, sondern ein breites Spektrum notwendig ist. Schon seit einigen Jahren ist deshalb der Anbau von Getreide zur Ernte als Ganz­­pflanzen­silage (GPS) stetig weiter in den Fokus gerückt.

Hintergrund

Das Trockenmasse-(TM-)Potential von Getreide liegt unter dem von Mais. Pflanzenbaulich ist der Anbau aber mit vielfältigen Vorteilen verbunden. Insbesondere geht mit der winterlichen Bodenbedeckung eine Verminderung der Nährstoffauswaschung und Erosionsanfälligkeit einher. Die Auflockerung maisbetonter Fruchtfolgen mit Getreide hilft langfristig die Bodenfruchtbarkeit zu sichern und das Ertragspotential zu stabilisieren.
Neben diesen pflanzenbaulichen Vorteilen ist für die Wirtschaftlichkeit der effiziente Anbau des Getreides von zentraler Bedeutung. Als ökonomische Größe gilt im Biogasbereich der flächenbezogene Methanertrag. Dabei spielt der TM-Ertrag und die spezifische Methanausbeute eine entscheidende Rolle. Versuche an der LfL haben gezeigt, dass die spezifischen Methanausbeuten der unterschiedlichen Getreidearten und -sorten keine signifikanten Unterschiede aufweisen. Im Gegensatz dazu ist der TM-Ertrag über die Arten- und Sortenwahl sowie den Erntezeitpunkt beeinflussbar. Ackerbauliche Maßnahmen sollten somit darauf ausgerichtet sein, das Leistungspotential von Getreide in Gänze auszuschöpfen. Eine wichtige Stellschraube dabei ist die Sortenwahl.
Sortenversuche für die verschiedensten Getreidearten mit Körnernutzung gibt es schon seit langer Zeit. Sie dienen als wichtige Endscheidungshilfe bei der Auswahl der richtigen Sorte für den eigenen Standort. Auch die Getreidearten mit der Nutzungsrichtung Ganzpflanzensilage (GPS) differenzieren abhängig vom Standort in ihrem Ertragsniveau. Aus diesem Grund werden seit 2014 an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) unterschiedliche Sorten der Wintergetreidearten Triticale und Roggen hinsichtlich ihres TM-Potentials geprüft.

Material und Methode

Bayernkarte mit VersuchsstandortenZoombild vorhanden

Versuchsstandorte 2020/21

Zum Anbau kommen jährlich pro Getreideart 10 bis 12 Sorten mit bereits großer Anbaubedeutung sowie Neuzüchtungen. Dabei handelte es sich um Hybrid- und Populationsorten. Im Laufe der Jahre konnte der Versuch von einem auf derzeit sieben Standorte ausgeweitet werden. Die Standorte verteilen sich von Nordost- bis Südbayern und repräsentieren unterschiedliche Mesoklimate von trockener, warmer bis feucht, kühler Witterung (siehe Karte-Standortbeschreibung).
In aller Regel erfolgt die Aussaat Ende September bis Anfang Oktober. Die Gesamtmenge der N-Düngung richtete sich nach den Ertragserwartungen und dem Nmin-Wert im Boden und wird meist in zwei Gaben unterteilt. Dabei liegt der Fokus auf der ersten Gabe, die mit Vegetationsbeginn ausgebracht wird, um die Bestockung anzuregen und massenwüchsige Bestände zu fördern. Wachstumsregler werden mit wenigen Ausnahmen an allen Standorten zur Vermeidung von Lager eingesetzt, da die Standfestigkeit bei der GPS-Nutzung eine sehr hohe Priorität besitzt. Ein Pilzbefall kann in einem höheren Maß als bei der Körnernutzung toleriert werden, da ein geringer Befall den Gärprozess nicht behindert. Auswirkungen auf den Ertrag sind aber bei einem frühen und starken Befall nicht auszuschließen, wodurch eine ortsübliche Fungizidbehandlung notwendig wird. Zu den häufigsten Krankheiten gehören Mehltau, Gelb- und Braunrost sowie Rhynchosporium.
Die Ernte fand meist Mitte bis Ende Juni statt, wobei in besonders trockenen Jahren auch bereits Anfang Juni geerntet werden musste. Vorhergehende Versuche haben gezeigt, dass der optimale Erntezeitpunkt bei Roggen etwa 1 bis 2 Wochen vor Triticale liegt. Um eine optimale Silierung zu erreichen, muss die Biomasse bei einem Trockensubstanz-(TS-)Gehalt von etwa 28 % bis 40 % geerntet werden. Unterhalb von 28 % Trockensubstanz entsteht viel Sickersaft und die Aktivität der Milchsäurebakterien wird eingeschränkt. Die durch den hohen Wassergehalt geförderten Clostridien bilden Buttersäure, woraus hohe Verluste resultieren und die Silage schließlich verdirbt. Über einem TS-Gehalt von 40 % ist eine Verdichtung des Silierguts nicht mehr optimal möglich. Folglich besteht die Gefahr der Nacherwärmung nach Siloöffnung. Durch das daraus erhöhte Vorkommen aerober Abbauprozesse steigt damit auch das Risiko der Schimmelbildung. Auffallend ist, dass der Erntezeitpunkt nicht am Entwicklungsstadium der Pflanze festgemacht werden kann. Somit ist eine regelmäßige TS-Bestimmung in den Wochen vor der Ernte unabdingbar. Beim optimalen TS-Gehalt befindet sich das Getreide abhängig von der Jahreswitterung im Entwicklungsstadium zwischen früher Milchreife und mittlerer Teigreife.

Ergebnisse

Nach der Auswertung konnten deutliche, jahres- und standortabhängige Sortenunterschiede von 20 bis 30 dt TM/ha festgestellt werden. Mit der standortangepassten Sortenwahl ist somit für den praktizierenden Landwirt eine Ertragssteigerung möglich. Neben dem Ertrag wurden bei den Versuchen auch eine Reihe weiterer Bonituren gemessen und anschließend statistisch verrechnet, da neben dem Trockenmasseertrag auch die Standfestigkeit ein wichtiges Kriterium ist. Um das Ziel einer Sortenempfehlung zu erreichen, waren dreijährige Ergebnisse notwendig. Dies gelang im Erntejahr 2016, und so konnten zum ersten Mal Winterroggen- und Wintertriticalesorten für die Nutzung als Ganzpflanzensilage empfohlen werden. Seither wurden jedes Jahr zwischen drei und sechs Sorten in die Empfehlung aufgenommen. Die Veröffentlichung der Ergebnisse und der Sortenempfehlungen erfolgte über mehrere Kanäle. Neben Publikationen im Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt und in den Berichtsheften der pflanzenbaulichen Fachzentren an den Ämtern wurde seit 2018 auch ein eigenes Sortenversuchsheft etabliert.

Projektbericht
In der Projektlaufzeit bis 2019 wurden zahlreiche Sortenversuche zur GPS-Nutzung von Winterroggen und Wintertriticale realisiert. Anhand mehrjähriger Ergebnisse konnten seit 2016 jährliche Sortenempfehlungen ausgesprochen werden. Die Ergebnisse und Sortenempfehlungen wurden in Zusammenarbeit mit den pflanzenbaulichen Fachzentren über eine Vielzahl an Medien veröffentlicht. Zudem entstand am Ende der Projektlaufzeit ein Abschlussbericht mit den wichtigsten Erkenntnissen und Praxisaussagen. Die Sortenversuche konnten verstetigt und nach Projektende in kleinerem Umfang weitergeführt werden.

Endbericht – Auszug Sortenversuche Wintertriticale und Winterroggen pdf 1,2 MB

Weiterführende Informationen

Anbaukombination: Getreide GPS als Deckfrucht für Untersaaten (z. B. Weidelgras)

sind folgendem Leitfaden des Biogas Forum Bayerns zu entnehmen.

Leitfaden "Weidelgras-Untersaaten in Wintergetreide zur GPS-Nutzung als Biogassubstrat - 2. Auflage" (6/2016) (externe PDF-Datei) Externer Link

Anbaukombination: Getreide GPS mit möglichen Zweitfrüchten (Zweikulturnutzungssystem)

sind in dem folgenden Leitfaden des Biogas Forum Bayerns zusammengefasst.

Leitfaden "Zweikulturnutzungssystem (ZKNS) im Vergleich zu herkömmlichen Anbauverfahren" (2010/10) pdf 419 KB

Projektinformation
Projektleitung: Dorothea Hofmann
Projektbearbeitung: Thomas Kuntscher
Laufzeit: 01.01.2017 bis 31.12.2019
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Förderkennzeichen: N/16/07