Allgemeine Produktionstechnik
Ernte und Reife

Mähdrescher bei der Ernte im Schwadruschverfahren
Die am Markt verfügbaren Arten, außer Wiesenlieschgras und einzelne Wiesenschwingel-Sorten, neigen tendenziell zum Ausfall der in den Rispen bzw. Ähren sitzenden Körner. Die Ernte muss spätestens zur technologischen Reife erfolgen, unter diesen Umständen sollten die Bestände leicht lagern. Windbewegungen im Bestand provozieren meistens Kornausfall, indem die Einzelpflanzen im senkrechten Stand gegeneinander schlagen. Leicht lagernde Pflanzen sind hingegen weniger gefährdet und senken somit die Ernteverluste. Übliche Ernteverfahren sind der Schwad- oder Direktdrusch. Aus dem Schwad gedroschen werden Gräserbestände mit ungleichmäßiger Abreife und Arten mit starker Ausfallneigung. Der Schwad verbleibt bis drei Tage auf der Fläche, während der Trocknungszeit der Körner sollte wenige bis kein Niederschlag fallen. Der Direktdrusch, auch Einphasendrusch genannt, ist die Methode mit der höchsten Arbeitszeitersparnis und stellt in Deutschland die am häufigsten verwendete Erntemethode dar.

Erntemöglichkeiten und Bestandesführung

Durch die heterogene Abreife gestaltet sich die exakte Bestimmung des Erntetermins oft schwierig. Futtergräser neigen durch ihren Wildpflanzencharakter zu uneinheitlicher Blüte und Reife. Der bestmögliche Termin für die Ernte liegt je nach Art bei Gelb- oder Vollreife. Feststellbar ist dies durch die gelbliche Bestandsfarbe und das mögliche Ausklopfen der Fruchtstände. Die exakte Bestimmung sollte wie bei Getreide über die Bestimmung der Feuchtigkeit erfolgen, dazu werden gleichmäßig über den Schlag verteilt Proben genommen. Grundsätzlich gibt es für die Ernte drei mögliche Techniken:

Ernteverfahren

  • Einphasendrusch,
  • Zweiphasendrusch,
  • Schwaddrusch.
Bestandesführung
Der Schlüssel für eine erfolgreiche Ernte liegt in der Bestandsführung. Folgende Aspekte müssen bei allen Arten beachtet werden:
  • Zum Erntezeitpunkt sollte das Gras leicht lagern. Verluste durch windverursachtes gegenseitiges „Ausschlagen“ werden so minimiert. Bestände die sich neigen sind weniger ausfallgefährdet.
  • Zu hohe Stickstoffgaben aus Düngung bzw. durch Mineralisierung führen zu einer Anregung der Bestockung, sehr starkes Lagern ist hingegen zu vermeiden.
  • Ein Durchwuchs bei liegendem Bestand mindert die Druschfähigkeit stark.

Durchwuchs
Auf einem ertragreichen Bestand führt erhöhte Mineralisierung durch Feuchtigkeit und Wärme vor der Ernte zu Durchwuchs. Dieser verhindert eine Abtrocknung durch Sonne und Wind. Die Samenfeuchtigkeit nimmt zu, es kommt zur Keimung. Ein vermindertes Tausendkorngewicht und feuchtes Stroh führt zu erhöhten Ernteverlusten über die Schüttler, da die reifen Samen nicht vom Stroh getrennt werden können.

Einphasendrusch

Vorwiegend wird in Deutschland der Einphasendrusch verwendet, da er die ökonomisch sinnvollste Lösung darstellt. Bei lockerem Samensitz kann es allerdings zu erhöhten Vorernteverlusten kommen. Der direkte Mähdrusch fordert eine geringere Kornfeuchte als der Zweiphasendrusch. Zur Ermittlung des Erntetermins dient die Kornfeuchte aus repräsentativ gezogenen Proben. Das Schneidewerk sollte so eingestellt werden, dass der Bestand unterfahren wird. Aufgrund des lockeren Sitzes und der Gefahr des „Ausschlagens“ sind Ährenheber nicht sinnvoll. Die Messer des Schneidewerks müssen scharf sein, um einen sauberen Schnitt zu ermöglichen bzw. um eine Verstopfung des Schneidewerks mit herausgerissenen Pflanzen zu vermeiden. Für einen gleichbleibenden Einzug gibt die Literatur einen Abstand von 0,6 bis 1 cm zwischen Querförderschnecke und Bodenblech an. Die Trommel sollte möglichst eng eingestellt sein, der Trommeleingang kann geringfügig weiter sein als der Ausgang. Bei der Einstellung des Mähdreschers müssen die Anweisungen der Anbauberatung befolgt werden; pauschale Angaben beispielsweise zur Dreschtrommeldrehzahl sind nicht immer möglich. Zur Windeinstellung ist es nützlich, mit einer Schüssel den Siebübergang zu kontrollieren. Die Gebläseleistung muss im Vergleich zu anderen Kulturen wie z.B. Weizen deutlich verringert werden. Zwischen den Arten gibt es große Unterschiede hinsichtlich der genauen Mähdreschereinstellung. Als Besonderheit der Wiesenrispe gilt beispielsweise, dass sie ohne Wind geerntet wird. Die Fahrgeschwindigkeit des Mähdreschers sollte an die Haspelumdrehungen angepasst sein.

Einstellung herkömmlicher Schüttler-Mähdrescher
BauteilEinstellung
Trommelmittlere Drehzahl bis hohe Drehzahl, abhängig von Mähdrescher und Grasart, feuchtes Dreschgut mit einer höheren, trockenes und brüchiges Mähgut mit geringerer Drehzahl dreschen
Korbwie bei Getreide üblich, Entgranner ausschalten
SiebeLamellensieb (Obersieb) nicht zu weit öffnen, damit wenig Strohteile in die Überkehr gelangen
Windweitgehend drosseln und Lamellensieb beobachten (evtl. Ansauggebläse abdecken)
Haspelmöglichst weit über das Messer zurücknehmen, Vorfahrt und Haspelgeschwindigkeit anpassen
Schneidewerkkein Spiel zwischen Messer und Druckplatten, möglichst scharf
Ährenheberganz entfernen, da hinderlich
Halmteilerhochstellen oder ganz ausschalten
Richtwerte für die Reifebestimmung bei Mähdrusch
GrasartReifezustandKornbeschaffenheit
 30 – 35 % Feuchte im Korn 
Einjähriges Weidelgrasbeginnende Gelbreifeteigig bis mehlig
Welches Weidelgrasbeginnende Gelbreifeteigig bis mehlig
Bastardweidelgrasbeginnende Gelbreifeteigig bis mehlig
Wiesenschwingelbeginnende Gelbreifeteigig bis mehlig
 25 – 30 % Feuchte im Korn 
WiesenrispeVollreifefest
RotschwingelGelb- bis Vollreifefest
SchafschwingelGelb- bis Vollreifefest
späte Sorten des Deutschen WeidelgrasesGelb- bis Vollreifefest

Zweiphasendrusch

Zweiphasendrusch bietet sich bei sehr unterschiedlichen Reifegraden bzw. stark lockerem Samensitz an, um die Vorernteverluste zu mindern. Zeitpunkt für den Zweiphasendrusch ist hierzu die späte Gelbreife. Der Zweiphasendrusch war in der ehemaligen DDR sehr stark verbreitet, man findet ihn aber auch heute noch in Ostdeutschland oder Dänemark. Weißes Straußgras und Wiesenlieschgras werden häufiger im Zweiphasendrusch geerntet, Weidelgräser und Wiesenschwingel sehr selten. In der ersten Phase lassen sich durch den Mähdrusch ca. 70 bis 80 % des Ertrages gewinnen. Einzig die reifen Samen sind zu ernten, unreifes Saatgut soll im Fruchtstand bleiben und nachreifen. Beim anschließenden Drusch des Strohschwades werden die übrigen 20 bis 30 % gewonnen. Er findet je nach Witterung, etwa 4 bis 10 Tage nach dem Mähdrusch statt. In dieser Periode können die unreifen Samen nachreifen, die erworbene Rohware hat dabei Feuchtigkeitsgehalte zwischen 15 und 25 %.
Der ersten Mähdruschphase kommt die größte Bedeutung zu, ihr Termin muss genau gewählt werden. Erfolgt der Mähdrusch bei zu hoher Feuchtigkeit, mindert dies die Keimfähigkeit, zu späte Ernte erhöht die Dreschverluste. Einen sicherer Hinweis für die Reife liefert die Festigkeit des Endosperms: ist dieser teigig beschaffen, sind die Samen bereits im Besitz ihrer vollen Keimfähigkeit und Vitalität. Sind die Endosperme mehlig bzw. befindet sich ein Großteil der Samen in der Teigreife, erhöht sich die Gefahr des Fruchtausfalls. Folgende Tabelle zeigt die Feuchtegehalte der Saatgutrohware und den täglichen Rückgang.

Feuchtegehalte bei Zweiphasendrusch
GrasartFeuchte der Saatgutware
(1.Phase) zu Erntebeginn
Täglicher Rückgang desFeuchtegehaltes in %
  DurschscnittSchwankungsbereich
Knaulgras381,40-4
Wiesenschwingel441,80-5
Weidelgräser (diploid)451,80-5
Weidelgräser (tetraploid)421,20-4
Lieschgras301,20-3
Rotschwingel401,50-4
Wiesenrispe281,50-4

Schwaddrusch

Beim Schwaddrusch wird der Bestand einige Tage vor beginnender Gelbreife mit dem Schwadmäher geschnitten. Auch hier sind scharfe Messer nötig, ein sauberer Schnitt verhindert die Verstopfungen im Schneidewerk durch „herausgerissene“ Pflanzen. Das Schwad sollte weder auseinandergezogen noch zusammengestaucht sein um eine gleichmäßige Nachtrocknung zu gewährleisten. Abhängig vom Witterungsverlauf erfolgt ca. drei bis fünf Tage später der Drusch der Schwade. Vorteilhaft ist das geringere Verlustrisiko bei uneinheitlicher Abreife. Zudem kann durch das Nachreifen der Fruchtstände trockenere Rohware gewonnen werden. Angewandt wird der Schwaddrusch vorwiegend in Regionen mit geringen Niederschlägen zur Erntezeit.
Literatur
  • Alpmann, L. (1990). Ernte von Grassamen, Ölrettich, Rübsen und Senf. In Autorenkollektiv, Mähdruschernte von Sonderfrüchten (S. 97-100). Darmstadt: Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V.
  • Baudis, H. (1982). Ertragsvoreinschätzung im Samenbau von Ausdauerndem und Welschem Weidelgras. In Saat- und Pflanzgut Nr. 6.
  • Lampeter, W. (1985). Saat- und Pflanzgutproduktion. Berlin: VEB Deutscher Landwirtschaftsverlag.
  • Lütke Entrup, E. (1995). Erfolgreicher Gras- und Kleesamenbau. Bonn: Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten e.V.
  • Lütke-Entrup, N. (1986). Saatgutproduktion bei Gräsern. In J. Oehmichen, Pflanzenproduktion Band 2: Produktionstechnik (S. 566-574). Berlin & Hamburg: Paul Parey.
  • Richter, R. (2002). Hinweise zur Vermehrung von Gräsern. In G. Erbe, Handbuch Saatgut Vermehrung (S. 75-96). Bergen/Dumme: Agrimedia.