Einen Schnitt voraus – mit dem LfL-Grünlandmonitoring
Bayernweite Aufwuchsuntersuchungen zum ersten Schnitt im Grünland und Kleegras 2024

Mit Neuschnee bedecktes Gras

Foto: S. Rauch

Auf der Überholspur ausgebremst - Stillstand auf den Wiesen

Die Reifeentwicklung der Gräser ist in diesem Jahr vergleichbar mit einem Krimi. Zunächst scheint alles klar und zu Beginn ist man sich schnell sicher, wer der Täter ist und alles ist schnell geklärt. So war es bis jetzt auch bei der diesjährigen Entwicklung der Grasbestände. Für die Jahreszeit zu hohe Temperaturen führten zu einem sehr frühen Vegetationsstart und ließen erwarten, dass die Silierreife in diesem Jahr deutlich früher erreicht wird als sonst. Doch ein spannender Krimi wäre kein Krimi, wenn es nicht eine dramatische, nicht vorhersehbare Wendung geben würde. Diese unvorhersehbare Wendung ist diese Woche beim Wetter eingetreten: von warmen, wüchsigen Bedingungen zurück in winterliche Verhältnisse mit Schnee, Schneeregen, niedrigen Temperaturen und nächtlichem Bodenfrost. Und das alles innerhalb einer Woche. Dies bedeutet völlig neue Bedingungen für das Wachstum der Gräser. Dadurch erreicht die Spannung den Höhepunkt – zwar nicht bei der Tätersuche- sondern wie sich die Gräser jetzt nach den frostigen Tagen weiterentwickeln werden?

Schnittzeitpunkt frühzeitig planen

Karte der Agrargebiete BayernZoombild vorhanden

Karte der Agrargebiete Bayern

In den kommenden Wochen findet wieder das bayernweite Aufwuchsmonitoring der LfL zum 1. Schnitt statt. Dabei werden wöchentlich Flächen beprobt und im Futterlabor in Grub auf die enthaltenen Rohnährstoffe analysiert und die Energiegehalte abgeleitet. Durch das mehrwöchige Beproben der Bestände kann deren Entwicklung beobachtet und der ideale Zeitraum für den 1. Schnitt hergeleitet werden. Die analysierten Werte werden in verschiedenen Agrargebieten zusammenfassend dargestellt. Die Einordnung der einzelnen Regionen Bayerns zu den Gebieten erfolgt nach klimatischen und geografischen Gegebenheiten (siehe Karte).
Für die Ableitung des optimalen Schnittzeitpunkts sind folgende Parameter relevant:

TM-Ertrag:

Die kühle Witterung sorgt zunächst dafür, dass das Wachstum der Gräser fast komplett zum Erliegen kommt. Die mittleren Zunahmen bei den Trockenmasse-(TM)-Erträgen pro Hektar liegen von Kalenderwoche 16 (15.04) auf 17 (22.04) bei nur 4 dt TM. Besonders in den höheren Lagen ist bei gebietsweiser komplett geschlossener Schneedecke kein relevanter Zuwachs möglich.

ADFom:

Besonders spannend ist in dieser Woche die Veränderungen bei der Verholzung in den Grasbeständen. Hier zeigt sich eindrucksvoll der enorme Einfluss der Witterung auf die Inhaltsstoffe. Mit dem Temperaturabfall in den einstelligen Bereich sowohl tags- als auch nachtsüber ist die Verholzung der Gräser fast komplett gestoppt worden. Ein Phänomen, das vor zwei Wochen noch nicht vorstellbar war. Im Schnitt sind die ADFom-Gehalte von KW 16 (15.04) auf KW 17 (22.04) um nur 8 g/kg TM angestiegen. Im Vergleich dazu steigen bei moderaten Temperaturen die ADFom-Gehalte im Mittel um 20 g/kg TM pro Woche. Gerade bei wärmeren Temperaturen kann der Anstieg noch deutlich höher sein. Durch die moderaten Zunahmen an ADFom liegen die Gehalte in allen Agrargebieten noch unterhalb des Richtwerts von 260 g/kg TM.

Rohprotein (XP):

Mit den abgesunkenen Temperaturen verlangsamt sich nicht nur das Wachstum der Gräser, sondern auch die Umsetzungsprozesse innerhalb der Pflanze. Die Eiweißgehalte sinken zwar in allen Agrargebieten weiter ab, allerdings in einem deutlich geringeren Umfang als im Vergleich zur Vorwoche. Im Agrargebiet Alpenvorland sind die XP-Gehalte im Mittel nur um 5 g/kg TM und in den anderen fünf Agrargebieten im Mittel um 13 g/kg TM abgesunken. Dadurch sind die Eiweißgehalte in den Agrargebieten immer noch auf einem zufriedenstellenden Niveau.

Zucker:

Die kühlen Temperaturen bremsen nicht nur die Veränderungen bei den Eiweiß- und ADFom-Gehalten, sie führen auch zu einem massiven Anstieg der Zuckergehalte in den Gräsern. Am Tag bilden die Pflanzen durch Photosynthese Zucker und veratmen davon einen Teil in der Nacht. Mit den jetzt sehr erfrischenden Temperaturen in der Nacht kommt es zu einem Zuckeranstau in den Gräsern, da keine Veratmung stattfinden kann. Im Mittel lagen die Zuckergehalte dadurch in dieser Woche bei beachtlichen 162 g/kg TM! Mit dem Anstieg der Zuckergehalte wird zusätzlich der Umbau in Lignin und Cellulose in der Pflanze gebremst, was den geringen Anstieg im ADFom zusätzlich erklärt.

Energie (NEL):

Zucker ist nicht nur süß, sondern liefert auch Energie. Mit dem größtenteils hohen Anstieg an Zucker und den sehr geringen Zunahmen an ADFom hat sich der Energiegehalt in den Gräsern im Agrargebiet Alpenvorland nicht verändert und liegt noch bei 6,7 MJ NEL/kg TM. In den anderen fünf Agrargebieten ist der errechnete Wert im Mittel weiter moderat um 0,1 MJ NEL/kg TM zurückgegangen. Im Voralpinen Hügelland und Tertiärhügelland sind die Gehalte daher jetzt auf 6,5 MJ NEL/kg TM abgesunken. In den Agrargebieten Jura, Keuper, Nordbayerisches Hügelland und Ostbayerisches Mittelgebirge Süd und Nord auf 6,6 MJ NEL/kg TM und erreichen damit den aus Sicht des Energiegehalts angestrebten Richtwert für den optimalen Schnittzeitpunkt.

Silierreife abgebremst

Die erst so zügig heranschreitende Silierreife ist vorerst nochmal deutlich abgebremst worden. Mit den kühlen Temperaturen bleiben die Inhaltsstoffe und Energiegehalte in den Gräsern vorübergehend gut erhalten, wodurch sich das Jahr 2024 von den vergangenen Jahren unterscheidet. Es bleibt daher wie im Krimi weiter spannend, wie sich die Lage wettertechnisch entwickeln wird.

Milchsäurebakterien nicht vergessen

Für eine hochwertige und schmackhafte Grassilage ist neben dem optimalen Schnittzeitpunkt auch der Verlauf des Silierprozesses entscheidend. Um Fehlgärungen und damit verbundene Futterverluste zu vermeiden, ist eine ausreichende Milch- und Essigsäurebildung wichtig. Dadurch wird der pH-Wert in der Silage schnell abgesenkt und Gärschädlinge gehemmt. Die Milchsäurebildung kann allerdings nur stattfinden, wenn sich ausreichend siliertaugliche Milchsäurebakterien auf dem Gras befinden. Intensive Sonneneinstrahlung, Niederschläge und kühle Temperaturen - vor allem nachts -können die Anzahl und Aktivität der wichtigsten Mitarbeiter auf den Gräsern deutlich reduzieren. Durch den Einsatz von Siliermitteln auf Basis von Milchsäurebakterien kann eine ausreichend hohe Anzahl an aktiven Milchsäurebakterien auf dem Siliergut sichergestellt werden. Um schnell und einfach das passende Mittel zu finden, gibt es auf der Homepage der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) eine Online-Entscheidungshilfe:

Online-Entscheidungshilfe zur Siliermittelauswahl der DLG Externer Link

Grünland-Ergebnisse der KW 16/17 als Grafik:

Grafik Aufwuchsverlauf Alpenvorland KW 16/17

Alpenvorland

Grafik Aufwuchsverlauf Südliches Allgäu KW 16/17

Südliches Allgäu

Grafik Aufwuchsverlauf Nördliches Allgäu KW 16/17

Nördliches Allgäu

Grafik Aufwuchsverlauf voralpines Hügelland KW 16/17

Voralpines Hügelland

Grafik Aufwuchsverlauf Tertiärhügelland KW 16/17

Tertiärhügelland

Grafik Aufwuchsverlauf Ostbayerisches Mittelgebirge Süd KW 16/17

Ostbayerisches Mittelgebirge Süd

Grafik Aufwuchsverlauf Ostbayerisches Mittelgebirge Nord KW 16/17

Ostbayerisches Mittelgebirge Nord

Grafik Aufwuchsverlauf Jura, Keuper, Nordbayer. Hügelland KW 16/17

Jura, Keuper, Nordbayer. Hügelland

Grafik Aufwuchsverlauf fränkische Platten KW 16/17

Fränkische Platten

Kleegrasbestände in den einzelnen Agrargebieten

In diesem Jahr werden im Aufwuchsmonitoring zum 1. Schnitt zusätzlich auch wieder Kleegrasbestände beprobt. Voraussetzung ist, dass die Bestände mindestens 50 % Leguminosenanteil aufweisen.
Die Beprobung findet in den Agrargebieten Tertiärhügelland, Jura, Keuper, Nordbayerisches Hügelland, Ostbayerisches Mittelgebirge Süd und Fränkische Platten statt.

TM-Ertrag:

Mit dem Wetterumschwung kam auch bei den Kleegrasbeständen die wüchsige Stimmung zum Erliegen. Im Mittel sind die Trockenmassen (TM)-Erträge pro Hektar von Kalenderwoche (KW) 16 (15.04) auf KW 17 (22.04) nur um 3 dt angestiegen. Gerade in den höheren Lagen des Ostbayerischen Mittelgebirge Süd, Jura, Keuper, Nordbayerisches Hügelland und Fränkische Platten sind durch den gebietsweisen Schneefall und Nachtfrost die Zuwächse an Masse noch deutlich geringer.

ADFom:

Die kühlen Temperaturen sorgen auch bei den Kleegrasbeständen in den vier beprobten Agrargebieten für einen sehr geringen Anstieg bei der Verholzung der Pflanzen. Im Mittel sind die ADFom-Gehalte nur um 6 g/kg TM angestiegen. Dadurch liegen die Gehalte mit 229 g/kg TM im Agrargebiet Ostbayerisches Mittelgebirge Süd und mit 234 g/kg TM im Jura, Keuper, Nordbayerisches Hügelland sowie in den Fränkischen Platten noch deutlich unterhalb des Richtwerts von 260 g/kg TM. Durch den früheren Vegetationsstart liegt der Verholzungsgrad im Agrargebiet Tertiärhügelland mit 240 g/kg TM schon höher, jedoch wurde der anfänglich hohe Anstieg beim ADFom auch in dieser Region deutlich abgemildert.

Rohprotein (XP):

Neben dem geringen Anstieg an Verholzung sind auch die Rohproteingehalte weniger stark abgefallen. Mit einem Rückgang von nur 8 g/kg TM im Mittel ist der Verdünnungseffekt in den Kleegräsern kaum spürbar. Daher liegen auch die Gehalte in allen vier Agrargebieten immer noch auf sehr hohem Niveau. Durch den verzögerten Vegetationsbeginn sind die XP-Gehalte in den Agrargebieten Jura, Keuper, Nordbayerisches Hügelland und Fränkische Platten mit 199 g/kg TM und 206 g/kg TM höher als im Vergleich zum Tertiärhügelland (190 g/kg TM) und Ostbayerischen Mittelgebirge Süd (192 g/kg TM)..

Energie (NEL):

Die Zuckergehalte sind in den Kleegräsern mit den kühlen Temperaturen angestiegen. Zusammen mit dem geringen Anstieg an ADFom und den noch hohen Eiweißgehalten sind die Energiegehalte daher kaum bis überhaupt nicht abgesunken. Im Tertiärhügelland liegen die Gehalte bei 6,7 MJ NEL/kg TM, in den anderen drei Agrargebieten immer noch bei 6,8 MJ NEL/ kg TM.

Kleegras-Ergebnisse der KW 16/17 als Grafik:

Grafik Aufwuchsverlauf Kleegras Tertiärhügelland KW 16/17

Kleegras Tertiärhügelland

Grafik Aufwuchsverlauf Kleegras Ostbayer. Mittelgebirge Süd KW 16/17

Kleegras Ostbayer. Mittelgebirge Süd

Grafik Aufwuchsverlauf Kleegras Jura Keuper Nordbay. Hügelland KW 16/17

Kleegras Jura, Keuper, Nordbay. Hügelland

Grafik Aufwuchsverlauf Kleegras Fränkische Platten KW 16/17

Kleegras Fränkische Platten

Wie erfolgt die Probenahme?

Das Aufwuchsmonitoring startet bei einer Aufwuchshöhe von 8 bis 10 cm – circa Anfang bis Mitte April.

Ablauf:

  • Probenahme erfolgt einmal pro Woche (Flächenbedarf: 1. Probenahme ca. 9m2, weitere Probenahmen ca. 4-8m2).
  • Abgemähtes Gras wird gewogen und eine Mischprobe für das Labor erstellt und per Post versendet.
Ende
Die wöchentliche Probenahme endet zwei Wochen nachdem auf dem Betrieb siliert wurde.

Was bekommen die teilnehmenden Betriebe?

  • Wöchentliche Nährstoffergebnisse der eigenen Aufwuchsprobe
  • Als Dankeschön: Kostenlose Futteruntersuchung einer Silageprobe

Ablauf der Probenahme

Wie werden die Inhaltsstoffe bestimmt?