Grascobs – eine Rationskomponente für hochleistende Milchkühe?

Grascobs

Die Herstellung von Grascobs bietet eine Möglichkeit, Gras schonend zu konservieren und damit vergleichsweise hohe Gehalte an Energie und nutzbarem Rohprotein (nXP) zu erreichen. Durch die Hitzeeinwirkung bei der Heißluftkonservierung ergibt sich ein im Vergleich zur Grassilage höherer Gehalt an im Pansen unabgebauten Futterrohprotein (UDP). Dementsprechend werden Cobs in der Praxis verschiedentlich unter den Kraftfutterkomponenten eingeordnet.

Andererseits ist die Heißluftkonservierung ein kostenintensives und energieaufwändiges Verfahren und insbesondere nach Wegfall der Trocknungsbeihilfe stellt sich verstärkt die Frage nach der Einsatzwürdigkeit.
Im Rahmen der Diskussionen um die Bereitstellung von Protein aus heimischer Erzeugung wird für die Grascobs verschiedentlich das Potential unterstellt, importierte Proteinkonzentrate einsparen zu helfen. Vor diesem Hintergrund sollte mit vorliegender Untersuchung überprüft werden, ob Grascobs bei der Hochleistungskuh in hohen Rationsanteilen in grassilagebetonten Rationen erfolgreich eingesetzt werden können. Der Versuch war Teil des Aktionsprogrammes „Heimische Eiweißfuttermittel“ im Rahmen der Zukunftsinitiative "Aufbruch Bayern".

Versuchsbeschreibung

Tierauswahl

Milchviehstall in Achselschwang

Milchviehstall in Achselschwang

Die Untersuchung wurde am Lehr-, Versuchs- und Fachzentrum Achselschwang der LfL Bayern über einen Zeitraum von 12 Wochen zuzüglich 2 Wochen Vorperiode durchgeführt. Für den Versuch wurden 48 Kühe der Rassen Fleckvieh (30 Kühe) und Brown Swiss (18 Kühe) unter Berücksichtigung von Rasse, Milchleistung, Milchinhaltsstoffen, Futteraufnahme, Laktationsstand und Körperkondition gleichmäßig auf 2 Versuchsgruppen (Kontrolle und Cobs) aufgeteilt. Zu Versuchsbeginn befanden sich die Tiere im Mittel am 119. (±61) Laktationstag der 3. Laktation. In jeder Gruppe befanden sich 3 Erstlingskühe. Die Kühe wurden in einem Offenfrontstall mit Liegeboxen gehalten, der mit automatischen Wiegetrögen ausgestattet ist.

Datenerfassung

Die Futteraufnahme wurde tierindividuell über die Wiegetröge erfasst. Die Milchleistung wurde täglich erfasst, Milchproben wurden einmal je Woche vom Morgen- und Abendgemelk eines Tages gezogen. Das Lebendgewicht wurde nach dem Melken mit einer automatischen Durchlaufwaage erfasst. Zusätzlich wurde dreimal während der Versuchsperiode die Körperkondition mit dem BCS-System bewertet und die Rückenfettdicke mit einem Ultraschallgerät gemessen.

Rationsgestaltung

Ziel der Rationsgestaltung war es, für beide Versuchsgruppen in den Nährstoffgehalten vergleichbare, ausgeglichene und bedarfsgerechte Rationen zu füttern. Dazu erhielt die Kontrollgruppe eine grassilagebetonte Totale Mischration (TMR) ad libitum angeboten, die bei einer unterstellten Trockenmasseaufnahme von etwa 22,5 kg/Tier und Tag auf eine tägliche Milchleistung von 35 kg ausgelegt war (Tabelle 1). Die zur Verfügung stehende Grassilage war vom ersten Schnitt und von guter Qualität. Der Kraftfutteranteil in der Kontrollration lag bei 41 % der TM, der Maissilageanteil bei 20 % der TM. In der Gruppe Grascobs wurden etwa 25 % der TM an Grascobs in die Ration aufgenommen.
In vorliegendem Versuch wurde im Austausch gegen die Grascobs im Vergleich zur Kontrollration der Gehalt an Grassilage von 38 auf 25 % der TM reduziert, der Kraftfutteranteil auf 29 % der TM. Damit die Energie- und Nährstoffgehalte der beiden Gesamtrationen vergleichbar blieben, wurde auch die Zusammensetzung der Kraftfuttermischungen variiert.
Tabellen Rationsgestaltung
Tabelle 1: Rationsgestaltung sowie Inhaltsstoffe und Energiegehalt der Gesamtration
 KontrollgruppeVersuchsgruppe mit Cobs
Zusammensetzung der TMR (in % der TM)  
Grassilage37,825,3
Maissilage20,420,2
Gerstenstroh0,8-
Grascobs-24,6
Kraftfutter41,129,9
 KontrollgruppeVersuchsgruppe mit Cobs
Kraftfutterzusammensetzung (in % der TM)  
Weizen18,432,8
Mais31,045,1
Futterharnstoff-1,3
Rapsextraktionsschrot29,717,7
Trockenschnitzel19,7-
Futterfett-1,51
Mineralstoffe, Vitamine1,511,58
 KontrollgruppeVersuchsgruppe mit Cobs
Inhaltsstoffe und Energiegehalt der Gesamtration  
NEL, MJ/kg TM7,17,0
XP, g/kg TM156154
Nutzbares Protein (nXP), g/kg TM160162
Ruminale N-Bilanz (RNB), g/kg TM-0,6-1,3
Rohfaser, g/kg TM159153

Ergebnisse

Futteraufnahme

Die Energie- und Nährstoffkonzentrationen der TMR wurden aus den mit dem Futtermischwagen täglich erfassten eingewogenen Mengen an Einzelkomponenten und deren Inhaltsstoffen ermittelt. Die tägliche Futteraufnahme war in beiden Gruppen vergleichbar und lag etwas über 23 kg TM/Tier und Tag (Tabelle 3). Die Futteraufnahme blieb dabei im Versuchsverlauf auf einem stabilen und zwischen den Gruppen vergleichbaren Niveau (Abbildung 1). In der Gruppe Cobs wurden damit täglich 5,2 kg TM Grassilage, 5,9 kg TM Grascobs und 7,2 kg TM Kraftfutter aufgenommen, in der Kontrollgruppe dagegen 7,8 kg Grassilage und 10,1 kg TM Kraftfutter. Die tägliche Energieaufnahme lag in der Kontrollgruppe etwas höher als in der Gruppe Grascobs, die Aufnahme an nXP etwas niedriger. Die RNB war in beiden Gruppen negativ, aber in einem durchaus tolerierbaren Bereich.
Tabelle 2: Trockenmasse-, Energie- und Nährstoffaufnahme im Mittel des Versuches (Mittelwert ± Standardabweichung)
 KontrollgruppeVersuchsgruppe mit Cobs
Futteraufnahme, kg TM/Tier, Tag23,3 ± 3,423,2 ± 2,4
Energieaufnahme, MJ NEL/Tier, Tag166 ± 24163 ± 17
XP-Aufnahme, g /Tier, Tag3634 ± 5313577 ± 360
nXP-Aufnahme, g /Tier, Tag3727 ± 5453750 ± 380
RNB, g/Tag-15 ± 2-28 ± 3

Milchleistung

Die tägliche Milchleistung lag in den Gruppen Cobs und Kontrolle durchschnittlich bei 34,3 und 32,7 kg (Tabelle 4). Die Unterschiede zwischen den Gruppen sind statistisch nicht abzusichern und sind durch die Unterschiede in der Energieversorgung nicht erklärbar. Der Anstieg der Rückenfettdicke (RFD) und BCS (Tabelle 4) in beiden Gruppen im Versuchsverlauf zeigt aber, dass die Energieversorgung in beiden Gruppen ausreichend war, um den Aufbau von Körperreserven zu erlauben und dementsprechend wohl nicht limitierend für die Milchbildung war. Auch der nXP-Bedarf war auf Grund der hohen Futteraufnahmen in beiden Gruppen gedeckt.
Tabelle 3: Milchleistung, Milchinhaltsstoffe und Körperkondition (Mittelwert ± Standardabweichung)
 KontrollgruppeVersuchsgruppe mit Cobs
Milchleistung, kg/Tier, Tag32,7 ± 6,434,3 ± 5,6
Milchfett, %4,05 ± 0,363,98 ± 0,31
Milcheiweiß, %3,72 ± 0,253,67 ± 0,26
ECM, kg/Tier, Tag33,5 ± 6,134,8 ± 5,5
Milchharnstoff, mg/l153 ± 38151 ± 25
Insgesamt ergibt sich, dass auch bei Einsatz hoher Mengen an Grascobs und gegenläufig reduziertem Einsatz an Kraftfutter hohe Milchleistungen erzielt werden können, wenn das Kraftfutter so gestaltet wird, dass die Energie- und Nährstoffgehalte der Gesamtration den Bedarf decken. Die Milchfett- und -eiweißgehalte zeigten keine größeren Unterschiede zwischen den Gruppen und lagen im Erwartungsbereich. Die Milchharnstoffgehalte lagen im unteren Bereich der Empfehlungen und spiegeln die in beiden Rationen negative RNB wider.

Kosten

Die Kosten wurden aus den tatsächlich aufgenommenen Einzelfuttermengen und nach Marktpreisen zuzüglich 1,50 €/dt TM Mischungskosten errechnet, wobei darauf hingewiesen wird, dass die Rationen im vorliegenden Versuch nicht auf Kostenoptimierung hin erstellt wurden, sondern auf Nährstoffgleichheit zwischen den Rationen und Deckung des Energie- und Nährstoffbedarfes in beiden Fütterungsgruppen. Für die Ration Cobs ergeben sich je dt TM Mehrkosten von etwa 2,70 €. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass im Versuch relativ hochpreisige Cobs eingesetzt wurden und die Rationskosten im vorliegenden Beispiel stark von den Erzeugungskosten der Grassilage abhängt, die in der Praxis in einem weiten Bereich streuen. Bei einer alternativen Kostenkalkulation mit höheren Erzeugungskosten für Grassilage (21 € statt 17€/dt TM), ergibt sich eine Preisgleichheit zwischen den Rationen bei 26 €/dt TM Grascobs.

Zusammenfassung

  • Auch hohe Mengen an Grascobs können mit Erfolg in Rationen für hochleistende Milchkühe eingesetzt werden.
  • Bei der Rationsgestaltung ist zu berücksichtigen, dass die Energiegehalte der Cobs niedriger liegen, als bei klassischen Kraftfutterkomponenten wie Getreide, und die nXP-Gehalte niedriger sind als in klassischen Proteinkonzentraten.
  • Durch eine entsprechende Gestaltung des Kraftfutters lassen sich bei Einsatz von Grascobs Proteinkonzentrate einsparen.
  • In vorliegendem Versuch wurde der Anteil Protein an der Gesamtration, der aus dem Grobfutter stammt, durch Aufnahme der Cobs in die Ration von 47 % auf 62 % gesteigert.
  • Da die Herstellung der Grascobs mit einem hohen Energie- und Kostenaufwand verbunden ist, sollte nur Gras Verwendung finden, das zum optimalen Zeitpunkt unter günstigen Erntebedingungen geerntet wurde.

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