Tierwohl
Züchtung beim Rind

Häufige Fragen

Einige Fragen zur "Züchtung" tauchen immer wieder auf. Die LfL hat die Antworten zusammen gestellt.

Stimmt es, dass die Euter heut so groß sind, dass die Kühe nicht mehr Laufen können?

Das kann man keinesfalls behaupten. Tiere variieren in ihrem Erscheinungsbild ebenso wie Menschen. Es gibt große und kleine, dicke und dünne und so gibt es auch Kühe, die besonders große Euter haben und solche, die eher kleinere Euter haben. Kein anderes Merkmal wird von Milchkuhherden so intensiv beobachtet wie das Euter. Dabei spielt die Größe nur eine untergeordnete Rolle. Dem Tierhalter ist wichtig, dass das Euter fest aufgehängt ist, dass die Zitzen von ihrer Platzierung und Länge gut für das Melken geeignet sind und dass das Euter eine lange Nutzungsdauer der Kuh verspricht.
Vor dreißig Jahren gabe es sehr viel mehr Kühe mit Hängeeutern als heute. Das ist ein eindeutiges Ergebnis der intensiven Zuchtarbeit.

Gibt es Grenzen für die Leistungssteigerung bei Nutztieren?

Die Frage lässt sich bei Nutztieren nur spekulativ beantworten. Bei Modelltieren (z.B. Fliegen oder Mäusen) hat man Selektionserfolge teilweise über mehr als 100 Generationen erzielen können. Das würde bei Schweinen ungefähr 200 Jahren und bei Rindern 500 Jahren entsprechen. Einzelne Tiere zeigen uns heute schon, dass eine Verdoppelung der heute üblichen Leistungen biologisch machbar ist.
Wenn überhaupt, spielen biologische Leistungsgrenzen erst in ferner Zukunft eine Rolle. Wichtiger ist die Frage, welche Leistungen ethisch noch vertretbar sind.
Extrem hochleistende Tiere benötigen eine sehr gute Fütterung und Überwachung und sind damit im Grunde genommen nur etwas für Spezialisten. Bei der Bewertung von Leistungssteigerungen muss man auch beachten, dass die Fähigkeit der Tierhalter ständig verbessert werden. Das ermöglicht es ihnen, höherleistende Tiere entsprechend ihren Bedürfnissen zu versorgen.
Wichtig ist demnach, dass sich die Leistungen nicht schneller entwickeln, als die Fähigkeiten der Tierhalter. Dabei werden diese aber immer besser durch moderne Technik (z.B. Herdenmanagementprogramme und Sensoren) unterstützt.

Auf welche Merkmale / Ziele wird in der Rinderzucht geachtet?

Die Zuchtziele haben sich in den letzten 20 Jahren sehr stark weiterentwickelt. Das Zuchtziel beim Deutschen Fleckvieh umfasst mittlerweile 12 Merkmale, darunter neben Milch und Fleisch vor allem Langlebigkeit, Fruchtbarkeit, Kalbeverlauf und Eutergesundheit. Zunehmend berücksichtigen wir auch direkte Gesundheitsmerkmale, wie zum Beispiel Stoffwechselstabiliät, aber hier stehen wir erst am Anfang. Dabei machen diese sogenannten Fitnessmerkmale inzwischen einen höheren Anteil im Zuchtziel aus als die Milchleistung.
Zuchtwerte gibt es praktisch für alle wichtigen Eigenschaften, die wir an Kühen regelmäßig erfassen. Dies gilt für die Zuchtzielmerkmale, aber auch für zahlreiche andere Merkmale wie Euterform, Qualität der Gliedmaßen oder einzelne Komponenten von Milch und Fleisch.

Warum wird nicht konsequent auf Lebensleistung gezüchtet?

Eine hohe Lebensleistung ist sicherlich sowohl ethisch, als auch betriebswirtschaftlich wünschenswert. Das gilt aber nicht unter allen Umständen, weil die Lebensleistung das Produkt aus der Nutzungsdauer und der Leistung pro Zeitabschnitt ist. Wenn zum Beispiel eine Kuh in 5 Laktationen 40 000 kg Milch gibt, ist sie sicherlich wirtschaftlich besser als eine Kuh, die in 8 Laktationen 41 000 kg Milch gibt.
Problematisch an der Lebensleistung ist vor allem, dass sie erst feststeht, wenn die Kuh bereits tot ist. Die Rinderzüchter züchten deshalb sowohl auf Leistung, als auch auf Nutzungsdauer. Das gelingt mit modernen Methoden ganz gut und man kann damit die Lebensleistung ebenfalls wirksam steigern.

Warum züchtet man nicht einfach noch mehr auf Tierwohl?

Zuchtarbeit setzt immer voraus, dass die entsprechenden Merkmale flächendeckend bei sehr vielen Tieren erhoben werden. Nur so kann man die besten Tiere finden und für die Zucht auswählen. Diese Erhebung von Leistungen oder Eigenschaften setzt eine Infrastruktur voraus und verursacht auch Kosten.
Eine weitere Voraussetzung für Zucht ist, dass die Tiere, an denen Leistungen erhoben werden, eine bekannte Abstammung aufweisen. Das ist bei Rindern nahezu immer der Fall, bei Schweinen und Geflügel dagegen eher selten.
Tierwohlrelevante Methoden wie Gesundheit oder Verhaltensmerkmale sind aber oft auch aus genetisch-biologischer Sicht sehr schwierig. Beispielsweise spielt beim Verhalten auch immer das Verhalten der Stallgefährten eine Rolle. Entsprechende Modelle werden derzeit intensiv erforscht.