Pressemitteilung – 23. Juli 2021, Freising
Gewässerrandstreifen steigern die Artenvielfalt und erhöhen die Biomasse der Insekten um 40 Prozent

WissenschaftlerInnen an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) ziehen eine positive Zwischenbilanz: Gewässerrandstreifen in ackerbaulich geprägten Gebieten dienen nicht nur dem Erosions- und Gewässerschutz bei Starkregen, sondern sie erhöhen lokal sowohl die Biomasse als auch die Artenvielfalt der Insekten. Im Vergleich zu Flächen ohne einen Gewässerrandstreifen, konnten im Mittel 40% mehr Insektenbiomasse und eine um 16% höhere Artenvielfalt im Gewässerrandstreifen erfasst werden. Besonders stark profitierten die Schmetterlinge von einem Streifen, sie konnten ihre Artenvielfalt um 45% erhöhen. Die Beibehaltung oder die Neuanlage von Grünstreifen entlang eines Gewässers bietet somit die Möglichkeit, die Biotopfunktion entlang von Gewässern zu stärken.

Gewässerrandstreifen und InsektenZoombild vorhanden

Sichtbar mehr Insekten

Seit dem Volksbegehren „Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern“ und der Verabschiedung des Versöhnungsgesetzes vor zwei Jahren sind Gewässerrandstreifen mit einer Breite von fünf Metern gesetzlich vorgeschrieben. Was bisher fehlt, sind wissenschaftlich fundierte Fakten zur Wirkung der beschlossenen Maßnahmen. Seit 2019 läuft an der LfL in Kooperation mit dem Landesamt für Umwelt (LfU) ein Projekt, um genau diese Fakten zu untersuchen.

Die Ergebnisse stellen die WissenschaftlerInnen der LfL nun zum ersten Mal vor. Die aus Insektensicht erfreuliche Zwischenbilanz zeigt die multifunktionale Bedeutung der Gewässerrandstreifen. Am Gewässerrand ohne Streifen wurden im Mittel 2,5 g Insektenbiomasse pro Tag und im Mittel 228 Arten über einen Fangzeitraum von 3 Wochen gefangen. An einem Gewässerrand mit Streifen waren es durchschnittlich 3,5 g pro Tag und insgesamt 265 Arten. Im Vergleich dazu wurden in der Feldmitte unabhängig vom Vorhandensein eines Streifens 1,9 g pro Tag gemessen und durchschnittlich 177 Arten.

Über alle 40 Ackerflächen wurden in der Feldmitte in der Summe 1.081 unterschiedliche Arten ermittelt, am Gewässerrand waren es 1.401. Die häufigste und vielfältigste Ordnung in den Malaisefallen waren in allen Proben die Fliegen und Mücken. Sie machten 60% der festgestellten Arten und etwa 80% der gefangenen Individuen aus. Besonders stark profitierten die Schmetterlinge von einem Streifen. Sie konnten ihre Artenvielfalt um 45% erhöhen.

Die LfL analysiert in dem bis Ende Juli 2022 angelegten Forschungsprojekt die Wirkung von sogenannten Agrarumweltmaßnahmen auf Insekten. Ziel der hier vorgestellten Studie ist es, in ackerbaulich geprägten Gebieten die Bedeutung von Gewässerrandstreifen an kleinen Fließgewässern für die Insektenfauna wissenschaftlich festzustellen. Die Ergebnisse sollen mögliche Synergieeffekte zwischen Gewässerschutz, Erosionsschutz und dem Schutz der Biodiversität aufzeigen. In einem weiteren Schritt werden auf Basis dieser Fakten die aus Insektensicht optimalen Gewässerrandstreifen abgeleitet.

In den Jahren 2019 und 2020 hat die LfL in vier vorwiegend ackerbaulich genutzten Regionen im Naturraum des Unterbayerischen Hügellands insgesamt vierzig Flächen entlang eines angrenzenden Wasserlaufes ausgewählt. Von diesen Flächen waren 25 mit und 15 ohne Gewässerrandstreifen. Die Flächen sind jeweils mit Insektenfallen am Rand des Gewässers und in der Feldmitte bei 80 Meter Entfernung ausgestattet worden. Zur Erfassung der Fluginsekten kamen zeltartige Netze mit Fangbehälter, sog. Malaisefallen, zum Einsatz. Zusätzlich untersuchten Bodenfallen die auf der Bodenoberfläche aktiven Insekten und Spinnentiere. In Anlehnung an die Krefeldstudie ist die Biomasse in der LfL-Studie ebenfalls mittels Abtropfgewicht für die 480 Proben aus den Malaisefallen bestimmt worden. Um Aussagen über die Vielfalt der gesammelten Insekten treffen zu können, wurde ein Teil der Proben mittels DNA-Metabarcoding untersucht. Ähnlich des Fingerabdrucks beim Menschen, können so einzelne DNA-Nachweise bestimmten Insekten zugeordnet werden. Diese moderne Untersuchungsmethode ist zeit- und kosteneffizient.

Das Projekt wird vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) und vom Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) finanziert.

Die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) ist das Wissens- und Dienstleistungszentrum für die Landwirtschaft in Bayern. Sie ist dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unmittelbar nachgeordnet und erarbeitet Entscheidungsgrundlagen für Landwirte und Berater sowie die Politik und Verwaltung. Die Hauptstandorte der LfL sind Freising und Grub-Poing. Ihre Aufgabenfelder sind die anwendungsorientierte Forschung, die Ausbildung, die Beratung und der Hoheitsvollzug. Mit Ihrer Arbeit unterstützt die LfL eine nachhaltige und ressourcenschonende Landwirtschaft sowie eine vielfältige Kulturlandschaft.