LfL-Jahresbericht 2018: Biodiversität
Für einen Pflanzenschutz der Zukunft

Roboterchen im Feld beim Unkrautjäten
Die gezielte Anwendung von Pflanzenschutzmitteln zur Bekämpfung von Krankheitserregern, Schädlingen und Unkräutern gehört zu den effektivsten Maßnahmen im Pflanzenbau. Sichere und wirtschaftliche Erträge sind ohne gezielten Pflanzenschutz nicht möglich. Dabei steht der Begriff Pflanzenschutz wörtlich für alle Maßnahmen, um Pflanzen zu schützen. Auch im ökologischen Landbau wird Pflanzenschutz betrieben, allerdings unterscheiden sich hier die konkreten Maßnahmen. Unkräuter werden beispielsweise mechanisch durch Hacken, Ausreißen oder Vergraben bekämpft und chemische Mittel sind verboten.
Mit der Entwicklung chemischer Pflanzenschutzmittel glaubte man zunächst, alle Probleme beseitigen zu können. Doch diese Mittel stellen bei falscher Anwendung eine Belastung für Mensch und Tier sowie Für einen Pflanzenschutz der Zukunft das ökologische Gleichgewicht dar. Darum muss Pflanzenschutz weit mehr sein als nur der Einsatz von Chemie.

Zahlen und Fakten

Klaus Gehring, Experte für Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz im Interview

Person steht an einem TraktorZoombild vorhanden

Foto: Dominik Parzinger

An der LfL arbeitet das Institut für Pflanzenschutz seit Jahren an einem Zukunftsprojekt, der Entwicklung von Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz. Leitbild ist weiterhin der Integrierte Pflanzenschutz (IPS), bei dem alle pflanzenbaulichen Vorbeugemaßnahmen ausgeschöpft und chemische, biologische und biotechnische Bekämpfungsmaßnahmen äußerst gezielt zum Einsatz kommen. Die Arbeit von Klaus Gehring und seinen Kollegen soll langfristig zu einem Paradigmenwechsel in der konventionellen Landwirtschaft führen. Neben einer besseren Umweltverträglichkeit geht es um einen größeren Artenreichtum und mehr Biodiversität im gesamten Landbau.
Im Detail

Integrierter Pflanzenschutz – weniger Chemie für mehr Biodiversität

Die Pflanzenschützer an der LfL wissen um die Probleme beim Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln. Und Klaus Gehring hat bei seiner Arbeit als Agraringenieur am Institut für Pflanzenschutz natürlich nicht nur die Kulturpflanze selbst im Blick. Selbstverständlich achtet er ebenso auf den Umwelt- und Gewässerschutz und erwartet dies auch von den Beratern vor Ort. Dabei geht es auch um die Wirtschaftlichkeit in der Landwirtschaft, Landwirte müssen schließlich von ihrer Arbeit leben können.
In einer über zehn Jahre laufenden Studie konnte nachgewiesen werden, dass zwar eine Reduzierung des chemischen Pflanzenschutzes um 25 Prozent keine Ertragsverluste zur Folge hat, der generelle Verzicht jedoch starke Mindererträge verursacht und den wirtschaftlichen Anbau in Frage stellt. Am Institut für Pflanzenschutz setzt man auf die intelligente Kombination von verschiedenen mechanischen, biologischen und chemischen Maßnahmen. Bereits das Pflanzenschutzgesetz (PflSchG) schreibt diesen Integrierten Pflanzenschutz (IPS) vor und definiert ihn als eine Kombination von Verfahren, bei denen ausdrücklich "die Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß beschränkt wird."
Die Basis für Artenreichtum und Biodiversität auf dem Acker ist neben einer möglichst vielfältigen Fruchtfolge ein gewisser Anteil an Unkraut in den einzelnen Kulturen. Hier muss der Landwirt für sein Feld das richtige Maß an (Rest)Unkraut finden. Gleichzeitig soll es aber nicht zu schädlichen Ernteeinbußen kommen. Am Institut für Pflanzenschutz spricht man heute nicht mehr von Unkrautbekämpfung, sondern von Unkrautmanagement. Das Management sollte vorrangig ohne Chemie erfolgen. Dies ist allerdings bisher weniger effizient, weniger wirksicher und durch den höheren Aufwand vor allem teurer.

Der Mix macht's – Alternativen zu chemischen Pflanzenschutzmitteln

Für den Laien mag es überraschend klingen, aber der Integrierte Pflanzenschutz bietet vor allem nicht-chemische Mittel zum Schutz der Kulturpflanzen. Vorbeugende Maßnahmen müssen zum Teil schon vor der Aussaat bedacht werden. Dazu zählen die Auswahl des für die Kulturpflanze geeigneten Standortes, eine sachgerechte Bodenbearbeitung, die Wahl des besten Saattermins, die Verwendung des optimalen Saatguts mit einer gegenüber den vorherrschenden Schadorganismen widerstandsfähigen Sorte, sowie eine ausgewogene organische oder mineralische Düngung. Treten während des Aufwuchses trotzdem Probleme auf, kommen direkte, nicht-chemische Maßnahmen zum Einsatz.
Das können biologische Pflanzenschutzmittel sein, wie der Einsatz von Kupfer oder Öl gegen Pilz- oder Virusbefall, aber auch mechanische Verfahren gegen Unkräuter oder der Einsatz von Nützlingen, zum Beispiel der Ausbringung von Schlupfwespen gegen den Maiszünsler. Der moderne Pflanzenschutz und der Ruf nach einem nachhaltigen, umweltverträglichen Anbau stellen höhere Anforderungen an die Landwirte. In Bayern unterstützt die LfL dabei das breite Beraternetz der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie der Selbsthilfeeinrichtung LKP. In der Beratung nehmen Fragen zu Ökologie und Biodiversität eine immer größere Rolle ein.

Schlupfwespen und Roboter – Forschung für einen umweltverträglichen Pflanzenschutz der Zukunft

Eine wichtige Aufgabe des Instituts für Pflanzenschutz liegt in der angewandten Forschung. Im Mittelpunkt aktueller Innovationsprojekte steht die Entwicklung von Fungiziden und Herbiziden auf biologischer Basis sowie Unkrautmanagement ohne Chemie. So erforscht man derzeit Biopräparate gegen Krankheiten und Schädlinge bei Raps, Kartoffeln und Rüben, untersucht die Anwendung von Pflanzenölen zur Virusabwehr in Pflanzkartoffeln oder zur Entfernung von Wasser-Kreuzkraut im Grünland. Bei der mechanischen Bekämpfung des Stumpfblättrigen Ampfers im Grünland wird der Einsatz von autonomen Robotern eine enorme Arbeitserleichterung ermöglichen. Mit der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) könnte in den nächsten Jahren auch der Pflanzenschutz revolutioniert werden. So werden in Zukunft Feldroboter nicht nur ernten, sondern auch Unkraut entfernen und das rein mechanisch, wirtschaftlich und ohne die geringste Umweltbelastung.

Impressionen und Infos

rote Mohnpflanzen in einem Feld

Mohn im Rübenfeld

Maispflanzen

Mais-Gras-Untersaat

großer Feldroboter auf dem Feld, daneben zwei mittlere Traktoren

Einsatz von autonomen Robotern...

Feldroboter in Nahaufnahme

...ermöglicht enorme Arbeitserleichterung

"Für den Laien mag es überraschend klingen, aber der Integrierte Pf lanzenschutz bietet vor allem nichtchemische Mittel zum Schutz der Kulturpflanzen."

"Integrierter Pflanzenschutz ist weit mehr als chemischer Pflanzenschutz. Unsere Landwirte sind sehr verantwortungsvoll und stehen zu Unrecht am Pranger. Ein Umdenken hat längst stattgefunden. Das wird in der Öffentlichkeit leider nicht immer wahrgenommen."

"So abwegig manchem Pflanzenschützer einige Forschungsprojekte vorkommen mögen, wir haben die Zeichen der Zeit erkannt. Langfristig geht es um einen Paradigmenwechsel im Pflanzenschutz auch für die konventionelle Landwirtschaft."