Diversifizierung in Bayern – Zahlen, Daten, Fakten

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Grafik: colourbox.de Anna Leni

Wie viele Betriebe in Bayern diversifizieren bzw. verfügen über mehrere Standbeine? Diese und weitere Fragen können durch aktuelle Ergebnisse einer Studie beantwortet werden. In Zusammenarbeit mit der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) wurde eine Sonderauswertung zur Bedeutung der Diversifizierung für die bayerische Landwirtschaft auf Basis der Hofnachfolgestudie durchgeführt. Erste Ergebnisse daraus liegen nun vor.

Hintergrundinfos zur Studie

Datenbasis repräsentativ für Bayern
Ausgangspunkt der Studie zur Diversifizierung war eine vom Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten geförderte und von der HSWT durchgeführte Untersuchung zur Hofnachfolgesituation in Bayern. Mit Hilfe einer Onlinebefragung von Mehrfachantragstellern erfolgte die Erhebung der aktuellen Hofnachfolgesituation bei überwiegend familiengeführten Betrieben (2.221 Teilnehmer). Diese Stichprobe wurde nach statistischen Methoden ausgewählt bzw. ausgewertet und kann als repräsentativ für die Situation in Bayern angesehen werden. In der Konzeption der Befragung wurde bereits gemeinsam über den Frageteil zur Diversifizierung diskutiert, was die Nachfolgeauswertung möglich machte.

Zur Methodik der Studie

  • Die Umfrage wurde als Onlinestudie konzipiert und von November 2019 bis Ende Februar 2020 durchgeführt. Die Beendigungsquote lag bei 48 %.
  • Es wurden Mehrfachantragsteller in Bayern mithilfe einer Zufallsauswahl aus Datenbanken selektiert.
  • Die vorgenommene Adressselektion wurde anhand der Kriterien "Altersverteilung der Betriebsleiter" und "Größenverteilung der Betriebe in ha" mit der Struktur in der Grundgesamtheit (Agrarbericht 2018) auf Verteilungsgleichheit überprüft.
  • Die selektierten Betriebe wurden durch die Ämter per E-Mail angeschrieben. Im Schreiben war ein Link zu dem Onlinefragebogen der Studie enthalten. Die Beendigungsquote lag bei 48 %.
  • Die Befragung startete Ende November 2019 und lief bis Ende Februar 2020.

Zwei Drittel der Betriebe mit Diversifizierung

Grundsätzlich wurde die in älteren Studien ermittelte hohe Bedeutung von Diversifizierungsansätzen in den landwirtschaftlichen Betrieben klar bestätigt. In zwei von drei landwirtschaftlichen Betrieben ist Diversifizierung bereits Realität, wenn auch mit unterschiedlicher Ausprägung. Dabei wurden in dieser Studie landwirtschaftsnahe Dienstleistungen, Direktvermarktung, gastronomische und touristische Angebote, Pensionspferdehaltung, Wanderreiten bzw. Reitunterricht, Erlebnisorientierte Angebote, Soziale Landwirtschaft und die Erzeugung Erneuerbarer Energie berücksichtigt. Folgende Betriebszweige blieben bei der Studie darüber hinaus außen vor: Vermietung und Verpachtung, Hauswirtschaftliche Dienstleistungen, Forst.
Je nach Bezug auf die Grundgesamtheit landwirtschaftlicher bayerischer Betriebe – 85.000 (nach Statistischem Bundesamt 2020) bzw. 105.000 (nach Bayerischem Agrarbericht unter stärkerer Berücksichtigung kleinerer Strukturen) – ergeben sich abschätzbare Dimensionen für die Zahl der Betriebe mit Diversifizierung in der Größenordnung von 55.000 bzw. 70.000.
Nicht überraschend ist die dominierende Rolle der Erzeugung regenerativer Energien, sei es über Photovoltaik- und Biogasanlagen oder auch in Form von Wasserkraft oder die Erzeugung und den Verkauf von Hackschnitzeln. Klammert man den Energiebereich aus, beschränkt sich der Anteil der Betriebe mit Diversifizierung auf rund 38 %.

Energieerzeugung dominierend, Soziale Landwirtschaft Nische im Aufwärtstrend

Neben der Einschätzung zur gesamten Bedeutung der Diversifizierung ermöglichte die Erhebung eine detailliertere Betrachtung der einzelnen Betriebszweige. Neben der bereits oben genannten Energieerzeugung (36,5 % Betriebsanteil bei allen Betrieben) erreichen Landwirtschaftsnahe Dienstleistungen, Direktvermarktung und sonstige Diversifizierungs­arten jeweils einen Anteil von 10 bis 14 %. Unter "Sonstige Diversifizierungsarten" können beispielsweise Vermietung und Verpachtung, Haus­wirt­schaftliche Dienst­leistungen oder Forstarbeiten fallen. Diese Betriebszweige wurden nicht explizit abgefragt.
Wenn auch mit wachsender Bedeutung, stellen Erlebnisorientierte Angebote in der Landwirtschaft (unter anderem pädagogische Ansätze für Kinder und Erwachsene, Unterhaltung) oder Aktivitäten in der Sozialen Landwirtschaft nach wie vor Nischen dar.
Überträgt man diese Ergebnisse auf die bayerische Landwirtschaft und nimmt die kleinere Zahl der beiden möglichen Grundgesamtheiten (siehe oben) mit rund 85.000 landwirtschaftlichen Betrieben in Bayern (> 5 ha LN) als Basis, ergeben sich folgende hochgerechneten Betriebszahlen:
DIV-Betriebszweige1Prozentualer Anteil aller Befragten (%)Abgeschätzte Hochrechnung für Betriebe mit DIV1 in Bayern auf Gesamtbasis 85.000 landwirtschaftliche Betriebe (laut Statistischem Bundesamt)
Energieerzeugung36,531.000
Landwirtschaftsnahe Dienstleistungen14,411.700
Direktvermarktung/Bauernhofgastronomie10,38.800
Sonstige Diversifzierungsarten10,18.500
Tourismus im ländlichen Raum6,35.400
Pensionspferdehaltung, Wanderreiten, Reitunterrricht4,53.800
Erlebnisorientierte Angebote2,1*
Soziale Landwirtschaft< 12*
1 DIV: Abkürzung für: Diversifizierung
2 Anteil kann aus der Befragung aufgrund des geringen Anteils nicht verlässlich errechnet werden.
* Hochrechnung kann aufgrund des geringen Anteils nicht sinnvoll durchgeführt werden.

Anzahl Betriebszweige der Diversifizierung pro Betrieb

Aus dem Verhältnis von Nennungen zu einzelnen Betriebszweigen (1.884) und den Betrieben mit Diversifizierung (1.457) ergibt sich, dass die Betriebe im Mittel 1,3 Diversifizierungs-Betriebszweige neben der klassischen Land- und Forstwirtschaft betreiben. Zwei Drittel haben ein weiteres Einkommensstandbein, ein Viertel zwei, lediglich 8 % haben drei oder mehr zusätzliche Betriebszweige (siehe folgende Grafik).

Tortendiagramm: 66,2 % mit 1, 25,9 % mit 2, 6,2 % mit 3, 1,5 % mit 4 und 0,2 % mit 5 weiteren Betriebszweigen.

Fazit

Je nach Definition des Begriffs ist Diversifizierung in bayerischen Betrieben eher die Regel als die Ausnahme. Unter Berücksichtigung der Erzeugung regenerativer Energien betreiben zwei Drittel der bayerischen Betriebe Einkommenskombinationen – teils im klassisch bekannten Bereich der Vermarktung und im Tourismus, teils im eher landwirtschaftlich orientierten Bereich. Das vorliegende Zahlenmaterial bestätigt vorliegende ältere Studien, wird aber kontinuierlich weiter ausgewertet, um neben der Bedeutung auch die Effekte von Diversifizierungsansätzen herauszuarbeiten.
Die hier dargestellten Ergebnisse sind ein Auszug aus den umfangreichen Auswertungen zur HSWT-Hofnachfolgestudie. Weitere Ergebnisse folgen in Kürze.

Ansprechpartner
Dr. Gerhard Dorfner, Eva-Maria Brunlehner
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Agrarökonomie
Hans-Loher-Str. 32, 94099 Ruhstorf a.d.Rott
Tel.: 08161 8640-4661
E-Mail: Diversifizierung-IBA@LfL.bayern.de

Bildnachweis
Kopfbild, Foto: Warmuth/StMELF