Inklusionsarbeitsplätze in der Landwirtschaft
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Gerade die Landwirtschaft bietet aufgrund ihrer vielfältigen Tätigkeitsbereiche ein breites Spektrum an Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Beeinträchtigung. Die Arbeit in einem naturnahen Umfeld mit klar strukturierten Aufgaben und sozialer Einbindung schafft ideale Bedingungen für gelingende Integration. Menschen mit Beeinträchtigung erhalten dadurch Zugang zu einem Berufsfeld, das ihnen echte Wahlmöglichkeiten eröffnet.
Für landwirtschaftliche Betriebe kann die Beschäftigung von Menschen mit Beeinträchtigung eine große Bereicherung darstellen. Viele von ihnen verfügen über sogenannte Inselbegabungen oder verborgene Kompetenzen. Werden diese erkannt und gezielt eingesetzt, können sie sich als wertvolle Unterstützung für den Betrieb erweisen. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels gewinnt dieses Potenzial zusätzlich an Bedeutung.
Die Beschäftigung von Menschen mit Beeinträchtigung kann in unterschiedlicher Weise organisiert sein, von stunden- und tageweisen Maßnahmen bis zum Angestelltenverhältnis.
Außenarbeitsplatz einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM)
Landwirtschaftliche Betriebe können mit einer regionalen WfbM kooperieren und dadurch einen Außenarbeitsplatz auf dem Hof anbieten.
Ein Außenarbeitsplatz bietet den Beschäftigten einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) die Möglichkeit, in einem privatwirtschaftlichen Betrieb des ersten Arbeitsmarktes zu arbeiten. Nach einer Ausbildungsphase in der Werkstatt wechseln die Mitarbeitenden in den Betrieb, bringen erste Arbeitserfahrungen mit und haben die Chance auf eine langfristige Anstellung.
Die Vermittlung erfolgt über Integrationsfachdienste (ifd), die auch während der Beschäftigung eine sozialpädagogische Begleitung bieten. Der Mitarbeitende behält seinen Werkstattstatus, erhält weiterhin den Werkstattlohn, und der Betrieb zahlt eine vereinbarte Entlohnung an die Werkstatt. Arbeitszeiten liegen in der Regel bei 15 bis 17,5 Stunden pro Woche.
Die Integration gelingt am besten in stabilen, strukturierten Arbeitsumfeldern. Erfolgreich sind vor allem Betriebe, die den Mitarbeitenden passende, einfache Aufgaben und eine gute Betreuung bieten. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit mit den Integrationsfachdienst und eine kontinuierliche Unterstützung vor Ort.
Andere Leistungsanbieter
Mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) von 2018 wurden sogenannte "Andere Leistungsanbieter“ (ALA) gesetzlich als neue Leistungserbringer zur Teilhabe am Arbeitsleben zugelassen. Diese bieten Menschen mit Behinderung eine alternative Möglichkeit zur Beschäftigung neben den Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM).
Menschen mit Behinderung, die einen Anspruch auf einen Werkstattplatz haben, sind seitdem nicht mehr verpflichtet, eine WfbM zu besuchen. Stattdessen können sie gemäß § 60 Abs. 1 SGB IX auch bei einem ALA, beispielsweise in der Landwirtschaft, im Berufsbildungs- oder Arbeitsbereich tätig sein.
Im Gegensatz zu WfbM sind ALA keine regulären Arbeitgeber im allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Beschäftigten schließen keinen regulären Arbeitsvertrag, bleiben über den Leistungsträger sozialversichert und erhalten einen Werkstattlohn. Staatliche Betreuungshilfen unterstützen das Angebot, jedoch erfolgen keine Lohnkostenzuschüsse. Eine Rückkehr in eine WfbM ist jederzeit möglich.
Für die Aufnahme bei einem ALA ist ein Teilhabeplanverfahren ("Fachkonzept Anderer Leistungsanbieter“) beim Sozialträger notwendig. Die Zulassungsvoraussetzungen für ALA unterscheiden sich in einigen Punkten von denen der WfbM, wodurch mehr individuelle und flexible Teilhabemöglichkeiten geschaffen werden.
Rechtliche Grundlage: § 60 SGB IX Andere Leistungsanbieter
Budget für Arbeit – Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben außerhalb der WfbM
Das Budget für Arbeit unterstützt Arbeitgeber durch Lohnkostenzuschüsse von bis zu 75 % des Entgelts bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung. Es umfasst individuelle Vermittlung, Begleitung und Coaching, zum Beispiel durch persönliche Assistenz am Arbeitsplatz. Die Kosten für Assistenz werden ebenfalls übernommen. Der Antrag wird vom Mitarbeiter bei den Bezirken gestellt, die Auszahlung erfolgt direkt an den Arbeitgeber.
Seit 2021 gibt es auch das Budget für Ausbildung mit ähnlichen Förderungen. Die Vergütung orientiert sich an ortsüblichen oder tariflichen Standards. Arbeitgeber sind von der Arbeitslosenversicherung befreit, da der Mitarbeiter ein Rückkehrrecht in die WfbM hat.
Tagesstrukturierende Maßnahmen in Kooperationen mit Einrichtungen
Landwirtinnen und Landwirte haben die Möglichkeit, Menschen mit psychosozialen Beeinträchtigungen in ihren Betrieb und die täglichen Arbeiten zu integrieren. Dies ist mit und ohne Wohn- und Betreuungsangebote möglich – zum Beispiel im Rahmen einer Kooperation mit soziotherapeutischen Einrichtungen wie TiP -Therapie im Pfaffenwinkel.
Dabei besteht kein klassisches arbeitsrechtliches Verhältnis und die Klienten übernehmen oft einfache Tätigkeiten, die im Alltag eines Bauernhofes anfallen. Ob ein solches Modell umsetzbar ist, hängt unter anderem von der Verfügbarkeit geeigneter Einrichtungen in der jeweiligen Region ab.
Der landwirtschaftliche Betrieb profitiert von zusätzlicher Unterstützung bei täglichen Aufgaben. Durch den meist längeren oder wiederkehrenden Aufenthalt auf dem Hof gewinnen die Teilnehmenden zunehmend an Selbstständigkeit und können im Laufe der Zeit auch eigenverantwortlich Aufgaben übernehmen.
Beispiele aus der Praxis
Beispiel aus der Praxis zum Thema "Außenarbeitsplatz einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM)"
Beispiel aus der Praxis zum Thema "Andere Leistungsanbieter"
Beispiel aus der Praxis zum Thema "Tagesstrukturierende Maßnahmen in Kooperationen mit Einrichtungen"
Die Familie Winklhofer bietet in Zusammenarbeit mit dem Soziotherapeutischen Zentrum (STZ) Passau von Sozialteam, Haus Maria Rast suchtkranken Menschen eine sinnvolle Beschäftigung auf ihrem landwirtschaftlichen Betrieb.
Außenarbeitsplatz einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM)
Tagesstrukturierende Maßnahmen in Kooperationen mit Einrichtungen
Das Angebot TiP – Suchttherapie auf dem Bauernhof von prop e.V. begleitet landwirtschaftliche Betriebe und vermittelt Suchterkrankte. Die Teilnehmenden leben und arbeiten gemeinsam mit der Landwirtsfamilie. Sie erhalten Kost und Logis und sind aktiv in den landwirtschaftlichen Alltag eingebunden. Erfahrene Fachkräfte der Einrichtung begleiten die Teilnehmenden während ihres Aufenthalts, bieten soziale und berufliche Unterstützung und helfen, Perspektiven für die Zeit danach zu entwickeln.
TiP - Suchttherapie auf dem Bauernhof von prop e.V. (Therapie im Pfaffenwinkel)
Andere Leistungsanbieter
Informationen der LfL
Weitere Anlaufstellen und Netzwerke
Initiativen für Inklusion in der Arbeitswelt
Beide Initiativen unterstützen Menschen mit Behinderung dabei, eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu finden. Gleichzeitig beraten und begleiten sie Arbeitgeber bei der Integration motivierter Arbeitskräfte.
Bildnachweis:
Kopfbild, Foto: Birgit Freudenstein