18. Kulturlandschaftstag
Wie geht es Bayerns Böden? – 35 Jahre Boden-Dauerbeobachtung in der Landwirtschaft

Online-Veranstaltung des Instituts für Agrarökologie und Biologischen Landbau am 5. April 2022

Im Jahr 1985 wurde die Bodenschutzkonvention der Bundesregierung als Reaktion auf zunehmende Umweltbelastungen verabschiedet, in der eine Erfassung der vorhandenen Einflüsse auf den Boden und die Beobachtung ihrer Veränderungen gefordert wurde. Auch in Bayern wurden daraufhin auf über 130 landwirtschaftlich genutzten Standorten Boden-Dauerbeobachtungsflächen (BDF) eingerichtet, um den Zustand der Böden als Grundlage für die landwirtschaftliche Produktion zu dokumentieren, Veränderungen frühzeitig zu erkennen und deren Ursachen zu erforschen.
Seitdem werden auf den praxisüblich bewirtschafteten Flächen in regelmäßigen Abständen Bodenproben gezogen, der Regenwurmbestand erfasst und Vegetationsaufnahmen erstellt. Eine jährliche Dokumentation der Bewirtschaftung ergänzt das Monitoring Programm.

Am 18. Kulturlandschaftstag wurden die Ergebnisse aus 35 Jahren Boden-Dauerbeobachtung auf landwirtschaftlichen Flächen in Bayern von Forschenden der LfL vorgestellt. Referenten vom Umweltbundesamt, Thünen Institut und Agroscope Zürich gaben einen Einblick in deren Arbeitsschwerpunkte und die Bedeutung der Boden-Dauerbeobachtung auf nationaler Ebene.
Programm
  • 9:30 Uhr Begrüßung und Einführung in die Veranstaltung durch Stephan Sedlmayer (Präsident der LfL) und Amtschef Hubert Bittlmayer (StMELF)
  • 10:00 Uhr Bedeutung der Boden-Dauerbeobachtung auf Bundesebene (Marc Marx, Umweltbundesamt Dessau)
  • 10:30 Uhr Überblick über das BDF-Programm in der Landwirtschaft, Entwicklungen und Repräsentativität für Bayern (Florian Ebertseder, LfL)
  • 11:00 Uhr Kaffeepause
  • 11:20 Uhr Entwicklungen der Schadstoffgehalte auf landwirtschaftlich genutzten BDF (Titus Ebert, LfL)
  • 11:50 Uhr 35 Jahre Schwermetallbilanzierung auf Schweizer Landwirtschaftsparzellen: Trends, Hotspots und Empfehlungen (Thomas Gross, Agroscope Zürich)
  • 12:20 Uhr Mittagspause
  • 13:50 Uhr Nationales Humusmonitoring in der Landwirtschaft (Axel Don, Thünen Institut für Agrarklimaschutz Braunschweig)
  • 14:20 Uhr Entwicklungen der Humusgehalte auf landwirtschaftlich genutzten BDF (Martin Wiesmeier, LfL)
  • 14:50 Uhr Kaffeepause
  • 15:10 Uhr Entwicklungen des Regenwurmbestands auf landwirtschaftlich genutzten BDF (Roswitha Walter, LfL)
  • 15:40 Uhr Vegetation auf landwirtschaftlich genutzten BDF (Gisbert Kuhn, LfL)
  • 16:10 Uhr Diskussionsrunde bis 17:00 Uhr
Moderation: Christa Müller, Arbeitsgruppenleiterin Bodenschadstoffe (LfL); Annette Freibauer, Institutsleiterin IAB (LfL); Robert Brandhuber, Vize-Präsident (LfL)

Fazit zur Tagung

BDF_Tagung_Präsident

Christa Müller, Moderation und LfL-Präsident Stephan Sedlmayer

LfL-Präsident Stephan Sedlmayer und Amtschef Hubert Bittlmayer wiesen im Rahmen der Veranstaltung auf die aktuelle Relevanz des Langzeit-Monitorings hin: Bodengesundheit und Bodenfruchtbarkeit sind die Dreh- & Angelpunkte und diese hat die LfL seit langem im Blick. Um verlässliche Ergebnisse dazu zu erzielen, wie sich die Böden in der Praxis entwickeln, ist ein dichtes Messnetz von Beobachtungsparzellen unverzichtbar, besonders aufgrund der in Bayern so heterogenen Standort-, Boden und Klimaverhältnisse.
Bereits im zweiten Jahr nach Gründung konnte auf wichtige Messwerte zurückgegriffen werden, als infolge der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 auch Bayern von erhöhter Radioaktivität betroffen war. Heute stehen zusätzlich Themen wie Klimawandel und Biodiversität im Fokus.

BDF-Programm repräsentativ für Bayern

Florian Ebertseder (LfL) konnte in seinem Vortrag zeigen, dass auf allen Dauer­beobachtungs­flächen seit 1985 eine Zunahme der Temperatur und eine Abnahme des Niederschlags zu verzeichnen war und diese Entwicklung auf ganz Bayern übertragbar ist. Die 80 Acker-BDF repräsentieren auch hinsichtlich anderer Standortfaktoren die bayernweite Ackerfläche gut, während die 18 Grünland-BDF eher die kühleren und niederschlagsreicheren Regionen in Südbayern repräsentieren. Wichtige Entwicklungen in der Landwirtschaft, wie die Zunahme des Maisanbaus, und Abnahme der Getreideflächen, sowie zunehmende Düngung mit Biogas­gärresten oder Rückgang des Pflugeinsatzes konnten im BDF-Programm abgebildet werden. Damit ist die wichtigste Voraussetzung erfüllt, um gemessenen Werte, beispielsweise von Humus oder Schadstoffen, zumindest für die Ackerflächen auf ganz Bayern übertragen zu können.
Für den bodenphysikalischen Parameter Luftkapazität, der als Indikator für schädliche Bodenverdichtung gilt, stellte Florian Ebertseder die Entwicklung auf 25 ausgewählten Acker-BDF vor, bei denen über alle Standorte gemittelt eine Zunahme der Luftkapazität in der Pflugsohle um gut 6% in 30 Jahren festgestellt werden konnte. Eine großflächige Verdichtung der Böden konnte mit diesem Untersuchungsumfang nicht nachgewiesen werden.

Leichte Abnahme beim Humus festgestellt

Effekte des Klimawandels könnten auch beobachtete Veränderungen der Humusgehalte erklären. Martin Wiesmeier (LfL) berichtete, dass sich über alle BDF Zu- und Abnahmen des Humusgehalts in etwa die Waage hielten. Tendenziell war in den letzten 35 Jahren ein leichter Rückgang der Corg-Gehalte um 3% zu verzeichnen. Deutlich konnte jedoch eine Verengung des C/N-Verhältnisses beobachtet werden, was auf eine Zunahme der organischen Düngung hindeutet und ein erster Effekt des Klimawandels sein könnte, der zu einem überproportionalen Corg-Abbau führen könnte. Bei den Flächen, auf denen eine Zunahme des Corg-Gehalts beobachtet wurde, konnte Martin Wiesmeier einen Zusammenhang zur Umstellung auf Ökolandbau und zur organischen Düngung und dem Verbleib von Ernterückständen auf den Feldern nachweisen.
Axel Don (Thünen Institut) betonte, dass vor allem die Wurzelmasse im Boden zu langlebigem Boden-Kohlenstoff beiträgt. Er präsentierte Ergebnisse der Bodenzustandserhebung-Landwirtschaft (BZE), bei der Humusvorräte von über 3000 landwirtschaftlichen Standorten in ganz Deutschland systematisch und mit einheitlicher Methode beprobt und bestimmt wurden. Die bedeutendsten Einflussgrößen auf den vorhandenen Bodenkohlenstoff hat das Ausgangssubstrat. Moorböden speichern 5x soviel C wie Mineralböden, bei Mineralböden ist der Tongehalt entscheidend. Hohe Grundwasserstände verhindern zudem den Abbau von organischer Substanz. Nur in der obersten Bodenschicht ist die Landnutzung entscheidend. So findet man im Dauergrünland im Oberboden ca. 30% mehr Humus als bei Ackernutzung.

Regenwürmer nahmen durch weniger pflügen im Acker zu

Über die vergangenen 35 Jahre kam es auf den Acker-BDF zu einer Zunahme in der Diversität der Regenwürmer und in der Siedlungsdichte der tiefgrabenden Zeigerart Lumbricus terrestris, wie Roswitha Walter (LfL) berichtete. Vor allem der deutliche Rückgang der Pflughäufigkeit, von jährlich über 80 % auf ca. 60 % der BDF trug zu dieser günstigen Entwicklung bei. Allerdings stagniert der positive Trend bei den Regenwürmern im letzten Jahrzehnt. Unter Grünlandnutzung ist er seit 2010 sogar rückläufig, möglicherweise als Folge von zunehmenden Trockenperioden im Rahmen des Klimawandels. Roswitha Walter betont deshalb zur Erhaltung der funktionalen Vielfalt und Leistungen der Regenwürmer im Boden, die Notwendigkeit einer Vorsorge. Im Acker fördert vor allem der Anbau von Kleegras und ein längerer zeitlicher Abstand einer voll wendenden Bodenbearbeitung den Regenwurmbestand, im Grünland wirkt sich eine organische Düngung positiv aus.

Bodenschadstoffe auf geringem Niveau

Laut Titus Ebert (LfL) bewegten sich die Schadstoffgehalte im Boden in der Regel im Bereich der Hintergrundwerte für Bayern und meist weit unterhalb der Vorsorgewerte der Bundes-Bodenschutz-Verordnung. Bei den Schwermetallen konnte im Boden keine deutliche Änderung festgestellt werden. Hopfen- und Weinflächen wiesen aber höhere Kupfer-Gehalte auf als Acker- und Grünlandflächen mit einer messbaren Zunahme im Beobachtungszeitraum. Besonders die organischen Schadstoffe PCB, PAK und CKW haben während der letzten 35 Jahre abgenommen. Eine Abnahme konnte auch für die Schwermetalldepositionen aus der Luft gemessen werden. Erhöhte Zink und Kupfer-Frachten konnten allerdings besonders für Schweinegülle, bei Zink auch für Rindergülle festgestellt werden. Kupfereinträge aus Pflanzenschutzmitteln sind vor allem im Hopfenanbau hoch, allerdings auch dort rückläufig.
Thomas Gross (Agroscope Zürich), konnte für die Schweiz ähnliche Tendenzen feststellen. Die Kupfer- und Zink-Einträge waren außer im Rebbau mehrheitlich auf die Anwendung von Hofdüngern zurückzuführen. Zink- und Kupfereinträge nahmen vor allem in intensiv bewirtschaftetem Grünland zu. Es bestand dabei ein direkter Zusammenhang zur Tierbestandsdichte. Die Einträge an Cadmium und Uran gingen von Ende der 1980er bis Mitte der 1990er Jahre zurück, v.a. weil weniger mineralische Phosphordünger eingesetzt wurden. Bei Cadmium sank auch die atmosphärische Deposition. Für Blei und Quecksilber konnten überwiegend abnehmende Gehalte im Boden ab Mitte der 1990er Jahre festgestellt werden.

Die Vielfalt bei den Ackerwildkraut-Arten nimmt weiterhin ab

Gisbert Kuhn (LfL) erklärte, dass bei der Ackerwildkrautflora nach wie vor ein Rückgang in der Anzahl von gefundenen Arten pro BDF-Fläche feststellbar war, wie er schon seit Mitte des letzten Jahrhunderts stattfindet. Davon betroffen sind vor allem Pflanzenarten, die ein enges Spektrum von ökologischen Lebensbedingungen haben und schwachwüchsige, wenig konkurrenzfähige Arten, wie das Acker-Vergissmeinicht oder das Acker-Stiefmütterchen. Generalisten-Arten, die innerhalb eines breiten Spektrums existieren können, sind vom Schwund kaum betroffen. Wuchskräftige Gräser wie der Acker-Fuchsschwanz oder die Hühner-Hirse nahmen zu.

Neues Bodenmonitoring-Zentrum am UBA

Die BDF-Daten von allen 800 Dauerbeobachtungsstandorten in Deutschland fließen unter anderem in die Bodenschutzberichte des Bundes ein. Marc Marx (UBA) gab einen Überblick über die wichtigsten Anwendungsbereiche der deutschlandweiten Bodendaten, die beispielsweise in den Klimaschutzplan 2050 oder bundesweite FuE-Vorhaben einfließen. Daneben wird in der europäischen Bodenstrategie ein europaweites Monitoring- und Reporting System und im EU-Bodengesundheitsgesetz eine Überwachung des Bodenzustands gefordert. Anfang 2023 startet das UBA voraussichtlich mit einem nationalen Bodenmonitoring-Zentrum, dessen Herausforderung die Harmonisierung und Qualitätssicherung der bundesweiten BDF-Daten sein wird, um in einer Art Boden-Ampel die Bodenqualität in Deutschland zu bewerten und einen nationalen Beitrag zur Umsetzung der EU-Ziele zu leisten.

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Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft
Institut für Agrarökologie und Biologischen Landbau
Lange Point 12
85354 Freising
E-Mail: boden@LfL.bayern.de

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