Tierwohl
Richtige Kennzeichnung und Registrierung von natürlich hornlosen Rindern

Natürlich hornloses Bullenkalb liegend im Gras

Der verstärkte Einsatz von genetisch hornlosen Besamungsbullen in der Milchviehhaltung führt zu einer immer größeren Anzahl an geborenen Kälbern, die natürlich hornlos sein können.

Für eine erfolgreiche Zucht auf Hornlosigkeit im Betrieb und eine Ausweitung der natürlichen Hornlosigkeit in der Population ist eine Überprüfung aller Kälber, die aufgrund mindestens eines hornlosen Elternteils selbst ohne Hornansätze sein können, von großer Wichtigkeit. Hier einige Hinweise zur Hornstatusprüfung und zur Meldung des zutreffenden Hornloskürzels an den Leistungsoberprüfer (LOP) des LKV. Seit 2008 werden dem LOP potenziell hornlose Kälber in seinem Laptop angezeigt. Über ein gutes Zusammenspiel zwischen den Landwirten und den LOP's lässt sich eine hohe Erfassungsrate erreichen.

Hornstatusprüfung

Kopf eines Kalbes ohne HornZoombild vorhanden

Abtasten der Hornansatzstellen beim Kalb

Die Hornstatusprüfung erfolgt durch gründliches Abtasten der Hornansatzstellen. Sie ist von jedem Züchter ohne größere Vorkenntnisse und mit wenig Zeitaufwand durchführbar.
Jedes Kalb, das aufgrund einer genetisch hornlosen Mutter oder eines genetisch hornlosen Vaters bzw. beider Eltern selbst hornlos sein könnte, ist zu überprüfen.
Die Hornstatusprüfung in den ersten Lebenswochen bietet neben einer hohen Erfassungsrate den Vorteil, dass eine sichere Aussage getroffen werden kann, ob ein Kalb sauber hornlos ist oder "echte" Hornansätze aufweist. Dagegen treten sogenannte Wackelhornansätze, welche sich bei natürlich hornlosen Rindern aufgrund eines eigenen Genortes im Laufe der Entwicklung ausbilden können, in den ersten Lebenswochen nicht auf, so dass hornartige Erhebungen bei kleinen Kälbern immer als Hornansätze gewertet werden können.

Ist man sich in der Einstufung nicht sicher, da lediglich eine winzige sehr tief sitzende leichte Erhebung fühlbar ist, so bringt eine spätere Nachprüfung in den meisten Fällen Klarheit.
Wenn das überprüfte Kalb gehörnt ist, sollte es z.B. mit H (= Hörner) notiert werden. Dies kann z. B. im Besamungsbuch, im Bestandsregister, auf dem Tierpass, in einem separaten Heft oder im Herdenprogramm erfolgen. Das Kalb ist immer dann gehörnt, wenn das Hornlosgen P von keinem Elternteil weitergegeben worden ist.

Meldung der Hornlosigkeit

Zur Kennzeichnung und Registrierung von natürlich hornlosen Rindern stehen vier unterschiedliche Fälle zur Auswahl. Der LOP kreuzt zur Registrierung der Hornlosigkeit das passende Hornloskürzel in Abstimmung mit dem Tierbesitzer in seinem Laptop an. Dasselbe Hornloskürzel sollte vom Tierhalter bei innerbetrieblichen Aufzeichnungen verwendet werden.

Ein Rind einer gehörnten Rasse - wie z. B. Fleckvieh, Braunvieh, oder Gelbvieh - ist ohne eines Vermerks bezüglich Hornlosigkeit als (genetisch) gehörnt anzusehen. Folglich werden grundsätzlich nur die natürlich hornlosen Tiere in der LKV-Registrierung mit einem Kürzel versehen. Die Vergabe des richtigen Hornlos-Kürzels erfolgt unter Beachtung der Hornstatus-Konstellation bei den Eltern.

Zuordnung Hornloskürzel

Folgende Regeln sollen helfen, einem hornlosen Kalb "treffsicher" das richtige Hornloskürzel zuzuordnen:

Tab. 1: Richtige Kennzeichnung und Registrierung eines natürlich hornlosen Kalbes
Hornstatus der ElternRegistrierung des natürlich hornlosen Kalbes
Ein Elternteil ist genetisch hornlos (PP, Pp, P, PS)
der andere Elternteil ist genetisch gehörnt.
Pp
Beide Eltern sind genetisch hornlos (PP, Pp, P, PS)
maximal ein Elternteil ist als PP erkannt.
P
Beide Eltern sind bereits als PP erkannt
(in Milchviehbetrieben noch sehr selten!)
PP
Das Kalb war von Geburt sauber hornlos.
Nach einigen Wochen/Monaten Ausbildung einer Kruste oder deutlich wackeliger Hornansätze.
PS

In den Milchviehbetrieben werden die meisten hornlosen Kälber derzeit mit Pp registriert. Dies ist immer dann richtig, wenn das Kalb sauber hornlos ist und zugleich ein Elternteil genetisch hornlos und der andere Elternteil genetisch gehörnt ist.
Sind bereits beide Eltern genetisch hornlos, erfolgt die Registrierung des sauber hornlosen Kalbes mit P. Über zusätzliche Nachkommeninformationen kann sich das Tier später als homozygot (PP) oder heterozygot (Pp) erweisen. Wenn auch nur ein Nachkomme mit Hörnern hervorgeht, ist das Rind mit ursprünglicher Kennzeichnung "P" als heterozygot hornlos (Pp) erkannt.
Die Kennzeichnung eines Kalbes mit PP ist nur dann richtig, wenn beide genetisch hornlosen Eltern sicher PP sind. Dies ist in der Milchviehhaltung allerdings noch sehr selten.

Seit 2010 ist an der Tierärztlichen Hochschule Hannover ein indirekter Gentest verfügbar, um bei interessanten Zuchttieren mit dem Hornstatus P in kurzer Zeit den vollständigen Genotyp festzustellen. Beim Fleckvieh wird das Gentestergebnis zur Abgrenzung von Feldergebnissen mit einem * versehen. Der zuständige Zuchtverband übernimmt den Hornstatus (PP*, Pp*) nach Erhalt des Testergebnisses in die Datenbank.

Der Leistungsoberprüfer registriert die natürliche Hornlosigkeit

KuchendiagrammZoombild vorhanden

Prozentuale Verteilung der vom LKV registrierten hornlosen FV-Rinder des Geburtsjahrgangs 2010, Quelle: LKV Bayern

Da die eigenverantwortliche Meldung durch den Milchviehhalter anfangs nur lückenhaft erfolgte, wurde ersichtlich, dass der LOP Hilfsmittel zum Erkennen von potenziell hornlosen Rindern auf den Betrieben benötigt, um beim Landwirt gezielt nach dem Hornstatus nachfragen zu können. Eine sehr effektive Maßnahme war die Programmierung eines Hinweises zur Hornlosigkeit auf den Geburtsmeldelisten des LKV. Der LOP bekommt dabei auf einer betriebsspezifischen Liste eine Meldung, sobald ein Kalb aus einer Anpaarung mit mindestens einem genetisch hornlos registrierten Elternteil geboren wurde. Bei einem der folgenden Betriebsbesuche wird somit der Landwirt vom LOP nach dem Hornstatus des Kalbes gefragt. Durch Eingabe des passenden Hornlos-Kürzels in den Laptop wird das Kalb dann als natürlich hornlos registriert. Über ein gutes Zusammenspiel zwischen den Milchviehbetrieben und den LOP's lässt sich nun eine hohe Erfassungsrate erreichen.

Ab November 2007 erfolgte der erste Schritt der technischen Umsetzung seitens des LKV und ab Mai 2008 eine verbesserte Folgeversion für alle LOP's. Die Anzahl der natürlich hornlos registrierten Kälber ist seitdem deutlich angestiegen.
Insgesamt wurden 7366 Fleckvieh-Kälber des Geburtsjahrganges 2010 mit einem der vier möglichen Hornloskürzeln registriert, deren Verteilung aus der Grafik hervorgeht.

Wenn ein Elternteil gehörnt ist, was derzeit in vielen Milchviehbetrieben noch der Regelfall ist, dann kann bei einem sauber hornlosen Nachkommen nur die Kombination Pp auftreten (71,0 % der Registrierungen).

Berichtigung von Hornstatusveränderungen

  • Bei weiblichen Tieren und Zuchtbullen ist die Nachbildung von Wackelhörnern oder kleinen Krusten dem LOP spätestens zum Zeitpunkt des Zugangs als Jungkuh bzw. vor der Körung mitzuteilen. Die Berichtigung erfolgt durch Abänderung auf "PS". Ein verzögertes Hornwachstum (Hörner sind fest) ist mit "gehörnt" gleichzusetzen, d.h. das registrierte Hornlos-Kürzel ist aus dem LKV-Datenbestand zu löschen.
  • Bekommt eine Kuh oder ein Deckbulle mit Hornstatus P einen Nachkommen mit gewöhnlichen Hörnern, so ist sie/er als heterozygot hornlos Pp erkannt. Nach Mitteilung durch den Tierbesitzer ändert der LOP das registrierte Kürzel von P auf Pp ab, bzw. gibt den neuen Status zur Eingabe an seine Verwaltungsstelle weiter.
  • Ein Gentest für Hornlosigkeit bei Zuchtbullen und wertvollen weiblichen Tieren mit Hornstatus P ermöglicht die Feststellung des vollständigen Genotyps. Das vorliegende Gentestergebnis, das von einem anerkannten Gentest stammt, wird mit einem * versehen, vom zuständigen Zuchtverband eingetragen oder durch den LOP auf dem Betrieb eingegeben (PP*, Pp*). Ergebnisse von LKV-Mitgliedsbetrieben in Bayern werden von der GeneControl Grub direkt an die LKV-Zentrale nach München gemeldet. Bilden sich bei einem Tier mit Gentestergebnis Pp* Wackelhörner oder kleine Krusten nach, erfolgt die Registrierung mit PS.
Kopf einer Kuh

Kalbin mit klassischen Wackelhornansätzen

Vordere Seite eines Bullen

Zuchtbulle homozygot hornlos PP*

Ansprechpartner
Johann Robeis
Institut für Tierzucht
Prof.-Dürrwaechter-Platz 1
85586 Poing-Grub
Tel.: 08161 8640-7159
Fax: 08161 8640-5555
E-Mail: Tierzucht@lfl.bayern.de

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Johann Robeis