Praxisinformationen vom Dezember 2022
Änderungen zur Zuchtwertschätzung Dezember 2022

In den Monaten April, August und Dezember jeden Jahres wird eine Zuchtwertschätzung (ZWS) basierend auf den vorliegenden Leistungsprüfungsdaten durchgeführt. Aktuelle Ergebnisse können in der Online-Anwendung BaZI-Rind abgerufen werden. Die in der Zuchtwertschätzung Dezember 2021 vorgenommenen Änderungen im Zuchtwertschätzverfahren und bei der Veröffentlichung der Zuchtwerte werden im Folgenden beschrieben.

Routinemässig wurde die Basisgruppe für die Berechnung der Zuchtwerte bei jeder Zuchtwertschätzung aktualisiert. Dadurch ergaben sich Zuchtwertänderungen, die spezifisch für jedes Merkmal angegeben werden können. Weitere Änderungen sind in den verschiedenen Abschnitten aufgeführt.

Basisanpassung

Basistiere der Zuchtwertschätzung Dezember 2022

Nach dem Übergang zu einer auf Kuhjahrgängen definierten Basis bei Fleckvieh und Braunvieh wurde in der ZWS August auch die Basisgruppe für die kleinen Rassen Gelbvieh, Pinzgauer, Tiroler Grauvieh und Vorder-/Hinterwälder umgestellt. Für alle Zuchtwertschätzungsmerkmale innerhalb der Rasse gelten die jeweiligen gleichen Basisjahrgänge.

Bei dieser Zuchtwertschätzung wurde die Basis um 4 Monate vorgerückt. Als Basistiere sind Kühe mit Probegemelk in der ZWS Milch aus folgenden Geburtszeiträumen definiert:

  • Fleckvieh: Kühe geb. zw. Dez. 2015 bis Nov. 2018 (4-6 Jahre alt)
  • Brown Swiss: Kühe geb. zw. Dez. 2013 bis Nov. 2016 (6-8 Jahre alt)
  • Gelbvieh, Grauvieh: Kühe geb. zw. Dez. 2011 bis Nov. 2014 (8-10 Jahre alt)
  • Pinzgauer, Vorderwälder: Kühe geb. zw. Dez. 2013 bis Nov. 2016 (6-8 Jahre alt)

Single-Step Verfahren - Änderungen ZWS Fleisch Fleckvieh

Dr. Henning Hamann, LGL Kornwestheim
Bei der Zuchtwertschätzung im August gab es bei der Rasse Fleckvieh im Bereich Fleisch einige Auffälligkeiten, die ad hoc schwer nachvollziehbar erschienen und in den letzten Monaten ausführlich untersucht wurden. Dabei konnten verschiedene Bereiche identifiziert werden, die einen Einfluss auf die technische Lösbarkeit der Zuchtwertschätzmodelle haben und einer entsprechenden Optimierung bedürfen. Im Folgenden werden die Hauptbereiche beschrieben, in denen zwischenzeitlich Änderungen vorgenommen wurden. Das Ziel dabei war es, die Single-Step Zuchtwertschätzung beim Fleisch robuster zu gestalten und somit eine höhere Stabilität der Fleischzuchtwerte zwischen aufeinanderfolgenden Schätzterminen zu erreichen.
Die durchgeführten Anpassungen zur Zuchtwertschätzung im Dezember lassen sich in vier Bereiche einteilen, die im Folgenden beschrieben werden sollen.

1. Umfang der Merkmale in der Zuchtwertschätzung Fleisch

Bei der Einführung des Single-Step-Verfahrens für die genomische Zuchtwertschätzung im April 2021 wurde die Anzahl der berücksichtigten Merkmale von 10 auf 5 reduziert. So fielen zu dem damaligen Zeit-punkt Daten aus der Eigenleistung auf Station weg, da diese Prüfmethode bei Fleckvieh nicht mehr an-gewendet wird. Die verbleibenden 5 Merkmale werden im Rahmen der Eigenleistung im Feld (ELF), z.B. von Auktionen, wo die Tageszunahme und die Bemuskelungsnote erfasst werden, und über die ungelenkte Nachkommenprüfung im Feld (Schlachtdaten, NKP-uF) erhoben. Bei der letztgenannten Prüfmethode werden Merkmale bei geschlachteten Jungbullen erfasst, das sind die Nettozunahme, die Schlachtkörpereinstufung nach dem EUROP-System und die Ausschlachtung. Für diese 5 Merkmale (Tageszunahme, Bemuskelungsnote, Nettozunahme, Handelsklasse und Ausschlachtung) wurden seitdem nach der Single-Step-Methodik Zuchtwerte geschätzt.
Was die Anzahlen von Beobachtungen für die Merkmale der beiden berücksichtigten Prüfmethoden angeht, so ist das Verhältnis sehr unausgewogen. So kommt im Durchschnitt über den gesamten Erfassungszeitraum eine Beobachtung aus dem Bereich ELF auf ungefähr 100 Beobachtungen aus dem Bereich NKP-uF. Dieses Verhältnis hat sich in den letzten Jahren noch deutlich verschlechtert. Dieses Ungleichgewicht und die Tatsache, dass es sich bei den Bullen, die auf Auktion und zum Teil auch in Stallkörungen mit Leistungen erhoben werden, um sehr stark vorselektierte Tiere in unterschiedlichem Alter handelt, hat zu methodischen Schwierigkeiten bei der Schätzung der Zuchtwerte geführt. Daher werden die Merkmale aus der Eigenleistung im Feld in dem weiterentwickelten genomischen Zuchtwertschätzverfahren nicht mehr berücksichtigt. Dieses kann bei den Bullen, die selbst oder von denen viele Söhne nach der Methode ELF geprüft worden sind, zu Veränderungen bei den Zuchtwerten und zu einem Sicherheitsrückgang führen. Insgesamt ist aber das System durch diese Veränderung robuster und die Ergebnisse stabiler geworden. Die bei der Zuchtwertschätzung im August bei einigen Top-Bullen (z.B. Hashtag, Zeiger, usw.) beobachteten Auffälligkeiten ließen sich im Nachhinein insbesondere auf die Berücksichtigung von Daten aus der Eigenleistung im Feld zurückführen.

2. Einschränkung der Daten auf Rasse Fleckvieh

In dem bisherigen Verfahren wurden alle Daten von geschlachteten Jungbullen verwendet, deren Mutter eine Fleckvieh-Kuh war. Somit wurden auch die Daten von Jungbullen berücksichtigt, die aus einer Kreuzung stammten. Auswertungen in der Vergangenheit haben aber gezeigt, dass besonders in Verfahren, die genomische Informationen einbeziehen, die Berücksichtigung von Fremdrassen zu Problemen bei der Schätzung von Zuchtwerten führen kann. Daher werden ab der Zuchtwertschätzung im Dezember 2022 nur noch Daten von geschlachteten Jungbullen verwendet, deren Vater und Mutter Fleckviehtiere sind („Kreuzungstier-Filter“). Auch dieses bedeutet eine gewisse Einschränkung des Datensatzes, macht aber das Verfahren einfacher und die Schätzung der Zuchtwerte stabiler.

3. Einheitlicher Datenschnitt zur Einbeziehung von Schlachtdaten

Ab der Zuchtwertschätzung im Dezember 2022 wird, einer Empfehlung des Bundesverbandes Rind und Schwein aus dem Jahr 2021 folgend (BRS-Empfehlung 4.2 für die Zuchtwertschätzung auf Fleischleistung von Bullen und Kühen vom 31.08.2021), für die Daten aus den verschiedenen Ländern ein einheitlicher zeitlicher Datenschnittpunkt verwendet. Bei kontinuierlich erhobenen Felddaten ist der zeitliche Daten-schnitt dabei so zu wählen, dass keine systematische Verzerrung durch unterschiedliche Wachstumsgeschwindigkeiten der Nachkommen zustande kommt. Als zeitliche Distanz von der Geburt eines Mastbullen bis zum Zeitpunkt der Datenabgabe an die Rechenstellen wurde ein Zeitraum von 600 Tagen gewählt („600-Tage-Filter“). Für den Zuchtwertschätzlauf im Dezember bedeutet das konkret, dass nur Daten von Mastbullen zur Zuchtwertschätzung herangezogen wurden, die vor dem März 2021 geboren wurden. Auch das führt zu einer Reduktion der verfügbaren Daten, wobei die Anzahl der Bullen, die von dieser Einschränkung betroffen sind, im Vergleich zum Gesamtbestand der Daten, sehr gering ist.

4. Änderung in der Modellierung von unbekannten Abstammungen

Die Erfahrungen in der Entwicklung und Durchführung von Single-Step Zuchtwertschätzverfahren im deutsch-österreichischen Zuchtwertschätzteam zeigen sehr deutlich, dass insbesondere die Handhabung von Tieren mit unbekannten Abstammungen in den Zuchtwertschätzmodellen einen Einfluss auf die technische Rechenbarkeit der Verfahren hat. Bei der Zuchtwertschätzung Fleisch stellt dies eine Herausforderung dar, da hier Vorfahren aus verschiedensten Herkunftsländern und Rassen eingesetzt werden. Um das Lösungsverhalten der Fleischzuchtwertschätzung weiter zu verbessern, wurden die unbekannten Elterntiere in größeren Gruppen zusammengefasst. Dies führt zu einer deutlich robusteren Lösung des Schätzsystems und damit zu mehr Stabilität der Ergebnisse zwischen verschiedenen Schätzläufen. Diese Optimierung führt aber insbesondere bei älteren Tieren mit unbekannten Abstammungen im Pedigree (Bsp. Holstein-Vorfahren) zu stärkeren Änderungen in der Zuchtwertschätzung Dezember.
Fazit zu dem überarbeiteten Modell der Fleisch-Zuchtwertschätzung
Das Ziel der Überarbeitungen bei der Zuchtwertschätzung Fleisch war, die Robustheit und Lösbarkeit des Verfahrens deutlich zu verbessern. Dies war notwendig geworden, da der Datenzuwachs zu einem deutlichen Anstieg des Bedarfes an Rechenleistung und -kapazitäten zur Durchführung der Zuchtwertschätzung geführt hat. Es kann davon ausgegangen werden, dass die durchgeführten Optimierungen die Stabilität der Fleischzuchtwerte in aufeinanderfolgenden Läufen deutlich verbessert. Nach der Zuchtwert-schätzung Dezember sollen entsprechende Anpassungen auch bei der Rasse Braunvieh ausführlich getestet und bei Eignung auch hier eingeführt werden.

Neue Optima im Balkendiagramm beim Brown Swiss

Dr. Dieter Krogmeier – LfL-ITZ
Im Balkendiagramm Exterieur Brown Swiss, werden zur Zeit für 13 Merkmale Optima, bzw. Optimalbereiche ausgewiesen. Seit der letzten Festlegung der Optima ist es aufgrund des genetischen Trends, der Einführung einer Single-Step-Zuchtwertschätzung und der Umstellung auf eine Kuhbasis bei der Standardisierung, zu deutlichen Änderungen in der Zuchtwerthöhe gekommen, die eine Überprüfung der bisherigen Optima erforderlich gemacht haben.
Auf Basis genetisch-statistischer Auswertungen, wurden deshalb von den Zuchtverantwortlichen aus Bayern, Baden-Württemberg und Österreich Vorschläge für eine Anpassung der Optima erarbeitet und dem Beratenden Ausschuss Zuchtwertschätzung beim Rind, vorgelegt und folgende neue Optima beschlossen:
MerkmalNeues OptimumOptimalbereichBisheriges Optimum
Kreuzhöhe10097 - 103100
Beckenneigung10097 - 10397
Sprunggelenkswinkel10097 - 10397
Bemuskelung103100 - 106100
Oberlinie108105 - 111 113
Umdreher108105 - 111113
Fessel108105 - 111110
Strichplatzierung hinten9794 - 100100
Euterbalance10097 - 103100
Strichstellung10097 - 103109
Strichlänge103100 - 106100
Strichdicke103100 - 106100
Strichplatzierung vorn108105 - 111113

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