Tierwohl
Kastration und Ebergeruch

Häufige Fragen

Einige Fragen zu der Thematik "Kastration und Ebergeruch" tauchen immer wieder auf. Die LfL hat die Antworten zusammen gestellt.

Warum werden männliche Ferkel kastriert?

Seit einiger Zeit ist vor allem die Kastration der männlichen Ferkel sehr stark in die Kritik geraten, weil sie in der Regel ohne Betäubung durchgeführt wird. Dabei hat nicht nur die Kastration von Ferkeln, sondern der männlichen Tiere aller unserer wichtigsten Haustierrassen eine lange Tradition.

Pferd: Hengst > Wallach

  • Wenn männliche Pferde kastriert werden, sind sie umgänglicher und leichter zu reiten.
    Nur Pferde, die für die Zucht vorgesehen sind, werden nicht kastriert.

Rind: Bulle > Ochse

  • Kastrierte männliche Rinder sind ebenfalls umgänglicher (früher wichtig: Zugtier) und haben eine bessere Fleischqualität. Bei Rindern ist die Kastration heute kaum verbreitet.

Schaf: Bock > Hammel

  • Männliche Schafe wurden kastriert, um eine bessere Schlachtleistung zu erzielen und um die mehrjährige Haltung zur Wollproduktion zu erleichtern. Heute spielt die Kastration bei Schafen kaum noch eine Rolle.

Schwein: Eber > Borg

  • In Deutschland werden derzeit jährlich rund 20 Millionen männliche Ferkel kastriert, damit ihr Fleisch nicht streng riecht oder unangenehm schmeckt. Außerdem sind sie dann leichter zu halten (Rangkämpfe).

Wie ist der aktuelle Stand bei Schwein?

Kastration nach dem Tierzuchtgesetz

Die Kastration der Ferkel ist seit langem gesetzlich geregelt. Das Tierschutzgesetz erlaubt es, unter acht Tage alte männliche Schweine zu kastrieren. Im Anschluss an die Kastration eines über sieben Tage alten Schweines sind schmerzstillende Arzneimittel einschließlich Betäubungsmittel bei dem Tier anzuwenden. Ende 2012 hat der Deutsche Bundestag eine Ergänzung des Tierschutzgesetzes beschlossen. Demnach wird es nach 2018 keine Ferkelkastration mehr ohne wirksame Schmerzausschaltung geben.

Der Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastration

Seit einigen Jahren gibt es intensive Diskussionen um die betäubungslose Ferkelkastration. Ein sehr großes Echo hat zum Beispiel eine Kampagne des Deutschen Tierschutzbundes gegen Ferkelkastration ohne Betäubung ("Fühl Dich wie ein Schwein") hervorgerufen. Eine Reaktion der Praxis ließ nicht lange auf sich warten: Der Deutsche Bauernverband und andere Spitzenverbände haben sich für ein gemeinsames Vorgehen mit dem Ziel, unter Ausschluss jeglicher Risiken für die Verbraucher und für die Tiere auf die Kastration gänzlich verzichten zu können, ausgesprochen (Düsseldorfer Erklärung zur Ferkelkastration, 2008). Seit Januar 2013 gibt es Schweinefleisch-Produkte mit dem zweistufigen Tierschutzlabel des Deutschen Tierschutzbundes, wobei die betäubungslose Kastration in beiden Stufen nicht gestattet ist.

Alternativen zur Ferkelkastration

Man kann natürlich auf die Kastration verzichten, aber dann muss man das Risiko geruchsbelasteter Schlachtkörper in Kauf nehmen (siehe unten). In Norddeutschland sind Landwirte und Schlachtunternehmen bereits in die Mast und Verarbeitung von Ebern eingestiegen. In Bayern haben erst sehr wenige Betriebe mit der Ebermast begonnen. Insgesamt machten Eber im Jahr 2012 einen Anteil von etwa 12 Prozent an den geschlachteten männlichen Tiere aus. Zum Teil stammten die Eber aus den Niederlanden. Die Impfung gegen Ebergeruch ("Immunokastration") scheint bisher keine echte Alternative zu sein; möglicherweise weil die Vermarkter vor der Herausforderung, den Verbraucher ausreichend aufzuklären, zurückschrecken.

Was hat es mit dem Ebergeruch auf sich?

Die Leitmerkmale des Ebergeruchs

Die Möglichkeit, dass das Fleisch von Ebern streng riecht oder unangenehm schmeckt, ist, wie erwähnt, der wesentliche Grund für die Kastration der männlichen Ferkel. Verantwortlich für den sogenannten Ebergeruch sind in erster Linie Androstenon und Skatol. Zusammen mit Indol bezeichnet man diese Stoffe auch als Leitmerkmale des Ebergeruchs. Andostenon ist ein Sexualhormon, das mit Eintritt der Geschlechtsreife in den Hoden produziert wird. Skatol ist ein Abbauprodukt von Dickdarmbakterien, das wegen seiner Wechselwirkung mit Androstenon verstärkt bei Ebern auftritt.

Einflussfaktoren auf den Ebergeruch

Das Fleisch von Ebern hat nicht grundsätzlich diesen unangenehmen Geruch. Er tritt nur bei etwa 2 bis 10 Prozent der Eber auf. Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle, u. a. die Rasse. Man kann davon ausgehen, dass die Problematik mit zunehmendem Magerfleischanteil abnimmt. Umgekehrt ist auch bekannt, dass in seltenen Fällen das Fleisch kastrierter Schweine oder sogar das Fleisch weiblicher Schweine unangenehm riecht. Schweineproduzenten können eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, die dazu beitragen, das Risiko geruchsbelasteter Schlachtkörper zu reduzieren. So kann man zum Beispiel Haltung und Fütterung auf die Mast von Ebern abstimmen. Eine Schlachtung vor der Geschlechtsreife, wie sie zum Beispiel in Großbritannien üblich ist, minimiert das Risiko. Auch züchterische Maßnahmen sind möglich, um die Gehalte der Leitmerkmale zu senken.

Sensitivität für Ebergeruch

Als Verbraucher kann man sich nur schlecht vor dem Kauf geruchsbelasteten Fleisches schützen. Bei Frischfleisch wird der unangenehme Geruch kaum wahrgenommen, sondern erst durch das Erhitzen beim Braten oder Grillen. Allerdings kann das nicht jeder "riechen". Zwar wird Skatol (es riecht fäkalartig) von fast allen Menschen wahrgenommen, aber bei Androstenon gibt es erhebliche Unterschiede, die u. a. vom Geschlecht abhängen: bis 60 Prozent der Männer bzw. 47 Prozent der Frauen wurde eine sogenannte Anosmie gegenüber Androstenon festgestellt. Verbraucher müssen keine Angst vor mit Ebergeruch behaftetem Fleisch haben, denn es ist nicht gesundheitsschädlich. Die gesetzlichen Vorschriften besagen dennoch, dass Fleisch mit ausgeprägtem Ebergeruch als nicht genusstauglich zu deklarieren ist. Um das Restrisiko bei der Vermarktung von Eberfleisch zu minimieren, wird dieses oft zu Dauerwaren verarbeitet. Hierbei wird immer Fleisch von mehreren (männlichen und weiblichen) Tieren gemischt.