Buchführungsauswertung der spezialisierten Milchviehbetriebe in Bayern 2013/14 bis 2023/24
Ökonomische Entwicklung einer über zehn Jahre hinweg identischen Gruppe von Milchviehbetrieben auf Grundlage der bayerischen Buchführungsergebnisse

Fleckviehkühe im Laufstall.

Foto: Tobias Hase, StMELF

Wie haben sich bayerische Milchviehbetriebe über die letzten zehn Jahre entwickelt? Über die Analyse von zehn Buchführungen soll darauf eine Antwort gegeben werden mit einem abschließenden Vergleich zwischen konventionellen und ökologisch bewirtschafteten Betriebsgruppen.

Im landwirtschaftlichen Testbetriebsnetz werden Buchführungsabschlüsse repräsentativ ausgewählter Betriebe ausgewertet, die Zusammensetzung ändert sich allerdings über die Jahre. In dieser Auswertung wurde gefiltert auf die Betriebsgruppe spezialisierter Milchviehbetriebe mit 10 Abschlüssen. Die konventionell wirtschaftende Gruppe umfasst 275 Betriebe, die Öko-Gruppe 33 Betriebe.

Ergebnisse und Ausblick in Kürze

  • Sowohl ökologisch wirtschaftende Betriebe als auch konventionelle stehen vor ähnlichen Fragen, wenn es um die zukünftige Ausrichtung des Betriebes geht.
  • Im Grunde gibt es immer mehrere Wege, das Ziel einer rentablen Milchproduktion erreichen zu können.
  • Die Auswertung der vergangenen zehn Jahre zeigt, dass die Ökobetriebe den Milchpreisvorteil auch in einen deutlich höheren Gewinn pro Kuh umsetzen konnten – verbunden mit einem deutlich höheren zeitlichen Input. Aus wirtschaftlicher Sicht stellte die Biomilch gerade dann eine lukrative Alternative dar, wenn Stallplätze am Hof eher knapp waren.
  • Durch aktuelle und zukünftige Zuschläge für bestimmte Tierwohlkriterien könnte es in einigen Fällen noch stärker zu einer Konkurrenzsituation zwischen Bio- und konventioneller Milch kommen.
  • Unabhängig von der Ausrichtung ist aufgrund der deutlich gestiegenen Baukosten, Zinsen und Produktionsmittelpreise in Verbindung mit der absehbar verschärften Futterflächenknappheit für die nachhaltige Milcherzeugung mit einer stark gebremsten Investitionstätigkeit im Milchsektor zu rechnen.
  • Ein wesentlicher Vorteil der Milchkuh liegt darin, dass sie aus für den Menschen nicht essbarer Biomasse hochwertige Nahrungsmittel erzeugen kann. Dies wird zukünftig von großer Bedeutung sein und ein guter Grund, bei passenden betrieblichen Voraussetzungen weiterhin in die Milchviehhaltung zu investieren - egal ob diese in konventioneller oder biologischer Wirtschaftsweise betrieben wird.
  • Würde sich die Milchviehhaltung in Bayern allerdings auf das Grünland zurückziehen, wäre ein deutlicher Rückbau der Milchviehhaltung unumgänglich.
Umfassende Auswertung der Buchführungen zur ökonomischen Entwicklung einer über zehn Jahre hinweg identischen Gruppe von Milchviehbetrieben (PDF-Datei, 9 Seiten):

2023/24 - das Jahr nach dem Ausnahmejahr: Die Öko-Milchkuh wieder mit einem deutlichen Gewinnvorteil

Der Gewinn je Kuh und Jahr war im Auswertungszeitraum bis auf das aktuelle Jahr bei den Ökobetrieben immer deutlich höher.Zoombild vorhanden

Abb. 1: Kuhgewinn über zehn Jahre im Vergleich konventionell zu öko­logisch

Im Zehnjahresmittel hatte die Öko-Milchkuh pro Platz einen um 609 Euro oder 56 Prozent höheren Gewinn (Abbildung 1). 1.162 Euro betrug der Unterschied im Jahr 15/16, nachdem die Stückgewinne sich über drei Jahre entgegengesetzt entwickelt hatten. im Auswertungsjahr 2021/22 waren es immer noch 585 Euro, 2022/23 war zum ersten Mal die konventionelle Kuh 75 Euro im Vorteil. Im aktuellen Jahr stehen wieder 474 Euro Vorteil für die Ökomilchkuh – was aus Ökosicht auch dringend notwendig war. Nur wenn sich die arbeitsintensivere Biomilchproduktion auch im Vergleich zur konventionellen Produktion besser rechnet, kann sie langfristig existieren.

Auch der Gewinn je Familienarbeitskraft ist bei den Ökobetrieben (meist) höher

In sieben von zehn Jahren war der Gewinn je Familien-AK bei den Ökobetrieben höher.Zoombild vorhanden

Abb. 2: Gewinn je Familien-AK über zehn Jahre im Vergleich konventionell zu öko­logisch

Bei weitem nicht mehr so ausgeprägt ist die Differenz, wird der Gewinn auf die Familienarbeitskraft bezogen (Abbildung 2). Sind es mit Bezug auf die Milchkuh 56 % mehr Gewinn im Öko-Betrieb, so bleiben beim Verteilen des Gewinns auf die Familienarbeitskraft noch 26 % Gewinnvorteil. Die Ursache liegt – bei annähernd gleichem Fremdlohnaufwand in den beiden Gruppen - im höheren zeitlichen Input der Unternehmerfamilie im Öko-Betrieb (im Stall und auf dem Feld) und der damit verbundenen geringeren Arbeitsproduktivität. So kamen im Durchschnitt der zehn Jahre nur 24,6 statt 30,3 Kühe auf jede Familienarbeitskraft (81 %).

Ausgewählte Kennzahlen der untersuchten Betriebe

Ausgewählte Kennzahlen der untersuchten Betriebe werden in den Tabellen 1 (konventionell) und 2 (ökologisch) gegenübergestellt.

Im Durchschnitt 50,2 Kühe und ein Gewinn von 1.081 Euro je Kuh

Im Wirtschaftsjahr 2014/15 hatte die Gruppe im Schnitt 47 Milchkühe und 48 ha LF (Tabelle 1). Die Herdengröße wuchs in den zehn Jahren um 9 % auf 51 Kühe. Die Milchleistung stieg ausgehend von 7.050 kg um 14 %. Lediglich in den Jahren 20/21 und 21/22 kam es zu einem Rückgang.
Tabelle 1: Struktur und Ökonomik der Gruppe identischer Milchviehbetriebe über 10 Jahre – konventionell
 14/1515/1616/1717/1818/1919/2020/2121/2222/2323/24Durch­schnitt aller Jahre
Anzahl Milch­kühe46,748,049,751,251,150,950,951,151,250,950,2
Kühe je Familien-AK28,329,130,130,730,630,630,631,031,231,230,3
Milch­leistung (erzeugt) in kg/Kuh7.0497.3707.2897.5307.6307.8287.7197.5517.8058.0577.583
Land­wirtsch. genutzte Fläche (LF) in ha48,449,049,550,050,751,251,251,652,151,950,5
Grünlandanteil in %51,051,251,251,251,351,451,251,251,050,651,1
Rinder­besatz in GV/ha LF1,701,731,761,771,741,711,711,701,691,691,72
Milchpreis (netto) in ct/kg36,0630,7932,9538,6537,3535,8736,3043,0355,8848,2239,51
Gewinn­­rate in %22,119,823,730,922,918,519,722,428,321,423,0
Gewinn je Familien-AK in Euro/FamAK26.67122.46928.65642.55330.64524.25026.24534.50854.54637.59632.795
Gewinn in Euro je Kuh9437739511.3881.0027928571.1131.7481.2041.081
Betriebs­einkommen in Euro je Kuh1.1981.0281.2021.6401.2701.0771.1451.4052.0541.5281.359
Eigen­kapital­bildung in Euro je Kuh14-20208569156-13854332798159217
Fremd­kapital in Euro je Kuh2.4472.6212.6702.5212.6402.8692.7742.7462.6452.6752.663
In den ersten acht Monaten des gerade laufenden Wirtschaftsjahres 2024/25 sind die Milchpreise gegenüber dem Juni 2024 um beinahe 15 % angestiegen, die Fleischpreise behaupten sich auf hohem Niveau. Allerdings sind auch die Jungkuhpreise deutlich gestiegen. Die Entwicklung des Monatsdeckungsbeitrags für das erste Halbjahr des laufenden Wirtschaftsjahrs 2024/25 lässt bei den konventionell wirtschaftenden Betrieben einen deutlichen Anstieg des Stückgewinns je Milchkuh um knapp 500 € erwarten.

Im Durchschnitt 38,5 Kühe und einen Gewinn von 1.685 Euro je Kuh

Die Gruppe der über zehn Jahre identischen Betriebe mit ökologischer Bewirtschaftung umfasst nur 33 Betriebe und ist mit 40 Kühen (23/24) im Herdendurchschnitt deutlich kleiner (-10,5 Kühe, 79 %). Die Milchleistung stieg über die zehn Jahre um 9,5 %, die Herdengröße sogar um 13 %.
Tabelle 2: Struktur und Ökonomik identischer Milchviehbetriebe über 10 Jahre - ökologisch
 14/1515/1616/1717/1818/1919/2020/2121/2222/2323/24Durch­schnitt aller Jahre
Anzahl Milch­kühe35,837,338,138,739,038,238,739,439,840,438,5
Kühe je Familien-AK22,823,524,424,324,724,325,425,125,225,724,6
Milch­leistung (erzeugt) in kg/Kuh6.0706.1636.1876.3686.3536.3386.3486.4556.5506.6456.348
Land­wirtsch. genutzte Fläche (LF) in ha42,643,843,944,244,645,046,146,647,246,945,1
Grünland­anteil in %82,882,983,283,283,182,283,783,583,082,983,1
Rinder­besatz in GV/ha LF1,431,411,441,461,461,431,421,411,401,401,43
Milch­preis (netto) in ct/kg48,1849,7149,3750,6248,8949,5950,8253,6560,6557,0151,85
Gewinn­rate in %37,137,534,435,631,829,930,331,628,228,732,5
Gewinn je Familien-AK in Euro/FamAK40.90445.41742.75443.90638.22635.68038.54642.64642.18343.19341.346
Gewinn in Euro je Kuh1.7941.9351.7501.8051.5481.4661.5161.6981.6731.6781.685
Betriebs­einkommen in Euro je Kuh2.0412.1822.0312.1071.8491.7951.8602.0232.0052.0531.994
Eigen­kapital­bildung in Euro je Kuh46749158235147-5197100381517258
Fremd­kapital in Euro je Kuh2.4063.3603.4153.3453.0312.8593.9183.9344.2874.3553.507
Der Grünlandanteil ist mit im Mittel 83 % deutlich höher (konventionell 51 %) und der Rinderbesatz mit 1,40 zu 1,72 GV/ha LF deutlich niedriger. Obwohl der 10-Jahres-Milchpreis nur um 12,3 Cent über dem konventionellen Milchgeld lag (in Spitzenzeiten waren es schon über 20 Cent netto nat.) und die durchschnittliche Leistung im Vergleich zur konventionellen Gruppe um 1.235 kg je Kuh und Jahr geringer war, ist der Stückgewinn pro Milchkuh 609 Euro über dem der konventionellen Milchkuh. Vom Umsatz blieb auch deutlich mehr als Gewinn: 32,5 % statt knapp 23,0 Prozent.
Mit 77 % der konventionellen Herdengröße konnte auf Betriebsebene im Durchschnitt der zehn Jahre ein um rund 10.700 Euro höherer Gesamtgewinn erwirtschaftet werden. Die Eigenkapitalbildung war etwas höher (259 Euro/Kuh vs. 213 Euro /Kuh), allerdings auch der Fremdkapitaleinsatz (+ 830 Euro/Kuh bzw. + 31 %).
Das erste Halbjahr Im nächsten Auswertungsjahr 2024/25 ist abgeschlossen. Die Deckungsbeitragsentwicklung lässt einen deutlichen Anstieg beim Stückgewinn je Milchkuh in beiden Gruppen erwarten – bei der Öko-Milchkuh könnte die 2.000 Euro -Linie gerissen werden, in der konventionellen Gruppe geht es wieder in Richtung Spitzenjahr 2022/23.

Ansprechpartner
Guido Hofmann
Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur
Menzinger Straße 54, 80638 München
Tel.: 08161 8640-1461
E-Mail: Agraroekonomie@LfL.bayern.de

Porträtfoto Guido Hofmann

Guido Hofmann

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