Auswirkungen der Klimaänderung auf den Marktfruchtbau

teilweise unter Wasser stehender Kartoffelacker

Der Klimawandel stellt den Pflanzenbau vor neue Herausforderungen. Wichtige Parameter wie Temperatur und Niederschlag verändern sich, mit entsprechenden Folgen für das Wachstum unserer Kulturpflanzen.

Beispielsweise beschleunigen steigende Temperaturen das Wachstum landwirtschaftlicher Kulturpflanzen. Einerseits verkürzen sich damit die Phasen ertragsbildender Entwicklungsabschnitte. Andererseits können wichtige Wachstumsprozesse wie die Photosynthese besser ablaufen, solange optimale Temperaturbereiche nicht überschritten werden. Bereits dieses Beispiel zeigt, dass der Klimawandel sowohl negative als auch positive Aspekte mit sich bringt, die sich letztendlich in der Ertragsleistung landwirtschaftlicher Kulturpflanzen niederschlagen.

Ziele

Aufgrund der Ortsgebundenheit der pflanzlichen Produktion prägen Klima und Boden sowie die Wechselbeziehungen zwischen diesen beiden Faktoren die natürlichen Verhältnisse an einem Standort. Eine Veränderung des Witterungsgeschehens im Zuge des prognostizierten Klimawandels wirkt sich auf die Wachstumsbedingungen und somit auf die Erträge landwirtschaftlicher Kulturpflanzen aus. In der Folge verschieben sich je nach Standort Konkurrenzkraft und Anbauwürdigkeit der Kulturen. Landwirtschaftliche Betriebe müssen sich an diese Rahmenbedingungen anpassen, um auch unter den zukünftigen Verhältnissen eines veränderten Klimas erfolgreich wirtschaften zu können.
Ziel des Projektes ist es, mögliche Effekte der Klimaänderung an ausgewählten Standorten in Bayern zu bewerten. Dabei sollen zunächst die Veränderung pflanzenbaulich relevanter Klimaparameter sowie die daraus resultierenden Konsequenzen für die Höhe und Stabilität der Erträge verschiedener Marktfrüchte untersucht werden. Darauf aufbauend sind die damit verbundenen Effekte auf Rentabilität und Risiko der Produktion aus ökonomischer Sicht von besonderem Interesse. Schließlich sollen Anpassungsmaßnahmen an die Folgen des Klimawandels in ihrer ökonomischen Wirkung analysiert werden, um somit deren Eignung zur Reduzierung des Risikos einschätzen zu können.

Methoden

Die Untersuchungen werden exemplarisch für sieben bayerische Standorte des Sortenversuchswesens durchgeführt. Berücksichtigung finden die Kulturen Winterweizen, Wintergerste, Sommergerste, Winterraps, Mais und Kartoffeln. Zur Beschreibung der Bodenparameter sowie der standortüblichen Bewirtschaftung der betrachteten Kultur finden die an den Untersuchungsstandorten im Rahmen des Sortenversuchswesens erhobenen Daten Anwendung.
Die Abschätzung möglicher Klimafolgen beruht auf den Ergebnissen aufeinander aufbauender Modelle. Den Ausgangspunkt bildet ein Klimamodell, das die Ausprägung pflanzenbaulich relevanter Klimaparameter an den Untersuchungsstandorten ermittelt. Um den mit Klimamodellierungen stets einhergehenden Unsicherheiten Rechnung zu tragen, baut die Untersuchung sowohl auf einem statistischen (WETTREG) als auch auf einem dynamischen (ENSEMBLE) Klimamodellansatz auf. Beide Ansätze bilden unabhängig voneinander den Ausgangspunkt der nachfolgenden Modelle.
Die mit Hilfe des Klimamodells ermittelten Parameter nutzt ein Pflanzenwachstumsmodell zur Simulation von Naturalerträgen verschiedener Kulturpflanzen. Dafür kommt das biophysikalische Modell HERMES zur Anwendung.
Im ökonomischen Modell dienen die durch das Pflanzenwachstumsmodell errechneten Erträge als Bezugspunkt der Risikobewertung der einzelnen Kulturen sowie eines standorttypischen Anbauverhältnisses.
Der Einfluss des Klimawandels kommt auf den einzelnen Modellebenen zum Ausdruck, indem die Ergebnisse unter gegenwärtigen und zukünftigen Klimabedingungen verglichen werden. Die Auswirkungen der Klimaänderung ergeben sich dabei aus dem Vergleich der jeweils 30 Jahre umfassenden Perioden 1981 - 2010 und 2020 - 2049.

Ergebnisse

Das verwendete Klimamodell WETTREG weist folgende Ergebnisse für die untersuchten Standorte und Zeiträume aus:

  • Temperatur: Die Jahresdurchschnittstemperatur erhöht sich um ca. + 1,3 °C. In der Folge verlängert sich die Vegetationsperiode um gut zwei Wochen. Sommertage und vor allem heiße Tage kommen häufiger vor, während Eistage und Frosttage seltener werden.
  • Niederschlag: Die jährliche Niederschlagssumme geht geringfügig um ca. - 4 % zurück. An manchen Standorten verschieben sich die Niederschläge zudem vom Sommer in das Winterhalbjahr.
  • Strahlung: Die jährliche Summe der Globalstrahlung steigt geringfügig um ca. + 4 % an. Der Parameter „Globalstrahlung“ bemisst die Energie, die den Pflanzen für Wachstum und Entwicklung zur Verfügung steht.
  • CO2-Konzentration: Die CO2-Konzentration der Atmosphäre erfährt eine deutliche Steigerung um ca. + 28 %. Der im CO2 enthaltene Kohlenstoff bildet für die Pflanzen den zentralen Baustein bei der Produktion von Biomasse.

Das Pflanzenwachstumsmodell ermittelt zu den Kenngrößen „Durchschnittsertrag“ und „Ertragsstreuung“ für verschiedene Kulturen folgende Ergebnisse:

  • Durchschnittsertrag: Einheitliche Zunahmen über alle Untersuchungsstandorte hinweg zeigen sich bei Winterraps und Wintergerste. Bei der Sommergerste dagegen geht der Ertrag an allen Standorten zurück. Beim Winterweizen resultieren je nach Standort Ertragszunahmen bzw. -abnahmen. Das Ertragsniveau beim Silomais geht zurück, wohingegen Körnermais zulegen kann.
  • Ertragsstreuung: Über alle Untersuchungsstandorte hinweg nimmt bei Mais und Wintergerste die Streuung der Erträge zu. Bei Sommergerste und Winterraps steigt die Streuung mit Ausnahme eines Standortes an. Abermals beim Winterweizen zeigen sich je nach Standort unterschiedliche Tendenzen.
Für die Bewertung des durch den Klimawandel induzierten Produktionsrisikos bildet die Streuung des Ertrages eine erste Orientierung: Eine zunehmende Streuung bedeutet gleichsam, dass die Unsicherheit bzw. das Risiko, mit der das durchschnittliche Ertragsniveau erreicht wird, zunimmt.
Die Ergebnisse des ökonomischen Modells zeigen, dass im Vergleich der beiden Referenzzeiträume sich der Mittelwert der anpassungskostenfreien Leistung im Wesentlichen nach der Vorgabe des Ertragsniveaus entwickelt. Eine Änderung des Naturalertrages bewirkt eine ähnlich große Änderung der anpassungskostenfreien Leistung.
Unter dem Aspekt der Risikoreduzierung erweist sich eine Ertragsversicherung als eine effizientere Anpassungsmaßnahme als eine Bewässerung. Die Versicherung trägt an allen Standorten und Kulturen zu einer Verringerung des Produktionsrisikos bei, während die Bewässerung in manchen Fällen das Produktionsrisiko sogar verstärkt. Beide Anpassungsmaßnahmen verschlechtern die Rentabilität der Produktion.
In den allermeisten Fällen bestätigen die Ergebnisse des des ENSEMBLE-Ansatzes die Ergebnisse des WETTREG-Ansatzes.
Publikationen

Beitrag im Fachmagazin Schule und Beratung 11-12/2016

Projektinformation
Projekt 1: Verfahrensökonomische Analysen zu möglichen Folgen des Klimawandels sowie der Klimaeffizienz auf die Landbewirtschaftung
Projektleiter: Dr. Robert Schätzl
Bearbeiter: Thomas Felbermeir
Kooperation: DWD, ZALF
Laufzeit: 2009 - 2013
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Förderkennzeichen: KL/08/08

Projekt 2: Modellierung von Erträgen und Risikoanalyse im Marktfruchtbau unter besonderer Berücksichtigung des Klimawandels
Projektleiter: Dr. Robert Schätzl
Bearbeiter: Thomas Felbermeir
Kooperation: DWD, ZALF
Laufzeit: 2013 - 2016
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Förderkennzeichen: KL/13/01

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