BVL ermöglicht Bekämpfung von Glasflügelzikaden als Überträger bakterieller Krankheitserreger in Zuckerrüben und Kartoffeln sowie in Gemüsebaukulturen

In einigen Regionen Deutschlands tritt ein neuartiger Krankheitskomplex auf. Die beiden Krankheiten Stolbur und "Syndrome Basses Richesses" (SBR) werden durch die Bakterien Candidatus Phytoplasma solani und Candidatus Arsenoponus phytopathogenicus ausgelöst. Die bakteriellen Erreger werden durch die sich rasch ausbreitende Glasflügelzikade in der Kultur Zuckerrübe und Kartoffel sowie weiteren Kulturen übertragen.

Das Besondere am aktuellen Schadgeschehen ist das zunehmend gemeinsame Auftreten beider bakterieller Erreger. Für die Bekämpfung der Schilf-Glasflügelzikade kommt erschwerend hinzu, dass sie sich als Krankheitsüberträger (Vektor) binnen weniger Jahre neben der Zuckerrübe mit der Kartoffel und verschiedenen Gemüsearten wie Karotten und Rote Beete bereits weitere Wirtspflanzen erschlossen hat. Die bakteriellen Erreger lassen sich nicht direkt bekämpfen und können zu erheblichen Qualitäts- und Ertragsverlusten führen.
Aktuell sind in keiner Kultur Pflanzenschutzmittel zur Bekämpfung von Glasflügelzikaden als Überträger bakterieller Krankheitserreger Pflanzenschutzmittel regulär zugelassen.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat daher am 28. März 2025 auf Grundlage des Artikels 53 der EU-Pflanzenschutzmittelverordnung nach umfangreicher und sorgfältiger Prüfung für mehrere regulär zugelassene Pflanzenschutzmittel weitere Anwendungsgebiete für einen Zeitraum von 120 Tagen für eine begrenzte Fläche zur Bekämpfung von Glasflügelzikaden im Zuckerrübenanbau zugelassen.
Zudem hat das BVL am 23. April 2025 ebenfalls auf der Grundlage des Artikels 53 der EU-Pflanzenschutzmittelverordnung nach umfangreicher und sorgfältiger Prüfung für mehrere regulär zugelassene Pflanzenschutzmittel weitere Anwendungsgebiete für einen Zeitraum von 120 Tagen für eine begrenzte Fläche zur Bekämpfung von Glasflügelzikaden in der Kultur Kartoffel ermöglicht.
Am 23. Mai 2025 hat das BVL Notfallzulassungen für Sivanto Prime zur Bekämpfung von Glasflügelzikaden als Bakterienvektoren an Möhren, Rote Bete sowie Blumenkohl- (Blumenkohl, Brokkoli, Chinesischer Broccoli) und Kopfkohlarten (Rot-, Weiß-, Spitz-, Wirsing-, und Rosenkohl) im Freiland bekanntgegeben.
Etwaige weitere Notfallzulassungen zur Bekämpfung von Schilf-Glasflügelzikaden sind grundsätzlich möglich, werden hier aber nicht mehr gelistet. Den vollständigen, stets aktualisierten Überblick über die vom BVL erteilten Notfallzulassungen finden Sie im Internetangebot des BVL; siehe Link „Zulassungen für Notfallsituationen“ am Ende dieses Artikels.
In allen Fällen wurden zum Schutz der Bienen, des Naturhaushalts sowie der Gesundheit von Anwendern, Arbeitern, Anwohnern und Umstehenden die jeweiligen Notfallzulassungen mit zusätzlichen Risikominderungsauflagen versehen. Hierzu gehören unter anderem Mindestabstände und die Ausbringung mit abdriftmindernder Technik.
Alle im Rahmen dieser Notfallzulassungen zugelassenen Mittel dürfen nur nach vorherigem amtlichen Warndienstaufruf der zuständigen Pflanzenschutzdienste in den Hotspot- und Übergangsregionen (Ausweisung auf Landkreisebene) angewendet werden. Angemeldete Pflanzkartoffel-Vermehrungsvorhaben können wegen der Nulltoleranz für Stolbur im Vermehrungsmaterial ggf. auch außerhalb der Hotspot- und Übergangsregionen zur Bekämpfung der Schilf-Glasflügelzikade behandelt werden.

Liste Landkreise in Hotspot- und Übergangsregionen

Der in einigen Pflanzenschutzmitteln erhaltene Wirkstoff Acetamiprid hat eine Genehmigung der EU. Er wurde nach Überprüfung auf EU-Ebene zur Anwendung in Pflanzenschutzmitteln bis 2033 genehmigt.
Bei den Notfallzulassungen in Zuckerrübe und Kartoffeln handelt es sich um eine Erweiterung von bereits bestehenden regulären Zulassungen in verschiedenen Acker-, Gemüse- und Obstbaukulturen sowie im Weinbau und in Zierpflanzen.

Notfallzulassungen: Einstufung bezüglich Bienenschutz

  • Acetamiprid-haltige Pflanzenschutzmittel:
    • Carnadine 200: B2
    • Danjiri und Mospilan SG: B4
  • Pyrethroid-haltige Pflanzenschutzmittel:
    • Decis forte: B2
    • Kaiso Sorbie und Karate Zeon: B4
  • Weitere Pflanzenschutzmittel:
    • Sivanto Prime: B1
    • Sumicidin Alpha EC: B2 (Notfallzulassung nur für Kartoffel)
Auflagen zum Bienenschutz
B1Das Mittel wird als bienengefährlich eingestuft (B1). Es darf nicht auf blühende oder von Bienen beflogene Pflanzen ausgebracht werden; dies gilt auch für Unkräuter. Bienenschutzverordnung vom 22. Juli 1992, BGBl. I S. 1410 beachten.
B2Das Mittel wird als bienengefährlich, außer bei Anwendung nach dem Ende des täglichen Bienenfluges in dem zu behandelnden Bestand bis 23.00 Uhr, eingestuft (B2). Es darf außerhalb dieses Zeitraums nicht auf blühende oder von Bienen beflogene Pflanzen ausgebracht werden; dies gilt auch für Unkräuter. Bienenschutzverordnung vom 22. Juli 1992, BGBl. I S. 1410 beachten.
B4Das Mittel wird bis zu der höchsten durch die Zulassung festgelegten Aufwandmenge oder Anwendungskonzentration, falls eine Aufwandmenge nicht vorgesehen ist, als nichtbienengefährlich eingestuft (B4).